Die Zukunft liegt in der Freiberuflichkeit |
07.02.2012 17:27 Uhr |
Von Daniel Rücker, Davos / Das Wort des Jahres 2010 war »Wutbürger«. Die Präsidentin der Bundesapothekerkammer, Erika Fink, sieht im vergangenen und in diesem Jahr die Zahl der »Wutapotheker« dramatisch steigen.
Die Zeiten für Apotheker sind wahrlich nicht rosig. Immer stärker wird die Arbeit fremdbestimmt, Rabatt- und Hilfsmittelverträge fordern einen immer größeren Dokumentationsaufwand und mit ihren grotesken Retaxierungen fügen Betriebskrankenkassen manchen Apothekern erheblichen Schaden zu. Fink wundert sich deshalb nicht, dass viele Apotheker wütend sind. Besonders ärgerlich sei, dass die Leistungen der Apotheker zumindest dem Anschein nach weder von Politikern noch von den Medien anerkannt würden, sagte sie in ihrer Eröffnungsrede zum Pharmacon Davos.
Wissen weitergeben
In den Mittelpunkt der Rede stellte Fink die Freiberuflichkeit, die sie als zentrale Voraussetzung für die Rolle der Apotheker in der Gesundheitsversorgung sieht. Fink: »Die Angehörigen freier Berufe haben Expertenwissen und ermöglichen durch dessen Vermittlung ihren Klienten Zugang zu zentralen öffentlichen Gütern – in unserem Fall Gesundheit.« Dieses Wissen zu vermitteln sei die Existenzberechtigung des Apothekers. Er habe die Aufgabe, seine Patienten so zu beraten, dass diese eigene Entscheidungen über ihre Gesundheit treffen oder zumindest die Anweisungen der Heilberufler umsetzen könnten.
Fink weiß aber auch, dass viele Politiker die Freiberuflichkeit argwöhnisch sehen. In den freien Berufen nehme die Zahl der angestellt Arbeitenden immer weiter zu. Es entstünden Organisationsformen, die mit der ursprünglichen Idee der freien Berufe nicht mehr viel gemein hätten. Apotheker verlören so Respekt, Anerkennung und Vertrauen.
Für die Apotheker und die anderen Freiberufler sei es deshalb wichtig, die Merkmale der Freiberuflichkeit in der Öffentlichkeit erkennbar darzustellen. Der Wert der freiberuflichen Arbeit müsse transparenter werden, nur so lasse sich mehr Akzeptanz schaffen, sagte Fink.
Im Sinne der Bevölkerung müssten die Freiberufler im Gesundheitswesen intensiver zusammenarbeiten. Dies betreffe die Kooperation von Apothekern und Ärzten ebenso wie die Zusammenarbeit der Apotheker untereinander, so Fink. Das Zukunftskonzept von ABDA und Kassenärztlicher Bundesvereinigung sei hier ein wichtiger Meilenstein. Es sei pharmazeutisch schlüssig, verbessere die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern und helfe so chronisch kranken Menschen. Fink sieht hier enorme Chancen: »Es hat das Potenzial, das Modell der Zukunft zu werden.«
Auch die Politik sehe den Apotheker als Heilberufler. Ein aktueller Beleg dafür sei der Kabinettsentwurf zur Apothekenbetriebsordnung. Dieser enthalte zwar noch immer Schwachstellen, etwa wenn im Detail vorgeschrieben wird, wie die Betriebsräume auszusehen haben. Der Gesetzgeber habe aber die Pläne für eine »Apotheke light« aufgegeben, die Bedeutung der Beratung hervorgehoben und neue, die Qualität sichernde Elemente vorgeschrieben.
Fink zufolge müssen die Apotheker abwägen zwischen der Stärkung der Heilberuflichkeit und dem Ziel, Geld zu verdienen »koste es, was es wolle«. Für sich hat sie die Frage bereits entschieden: »Ich glaube fest an die Zukunft des Apothekers als freier Heilberuf, der so viele Möglichkeiten bietet, Kenntnisse und Fähigkeiten auf verschiedenen Gebieten einzusetzen und der in Zukunft immer wichtiger werden wird für die Menschen.«
Kooperation in der Schweiz
Einen Weg, der Heilberuf und Ökonomie miteinander verbindet, beschreiten derzeit die Schweizer Apotheker. In einem Grußwort stellte der Chef des Schweizer Apothekerverbandes »Pharmasuisse«, Dominique Jordan, das vom Verband entwickelte Konzept »Netcare« vor, dem zufolge Apotheker und Ärzte enger zusammenarbeiten sollen. Das Konzept sieht vor, dass die Apotheker, wenn nötig, einen beim Basler Unternehmen Medgate angestellten Arzt für eine Videokonsultation in der Apotheke anrufen können. Der Arzt spricht mit dem Apothekenkunden, stellt eine Diagnose und schickt ein gegebenenfalls notwendiges Rezept direkt in die Apotheke, wo der Apotheker dem Patienten das Arzneimittel mitgeben kann.
Außerdem hat Pharmasuisse eine ganze Reihe medizinische Dienstleistungen für die Apotheke entwickelt, die von den Krankenkassen vergütet werden. In Zukunft sollen sogar Impfungen in Apotheken angeboten werden. /