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Stipendien

Studium mit Sponsoring

30.01.2012  12:46 Uhr

Von Sven Siebenand / Deutschland ist auf dem besten Wege, eine Stipendienkultur zu schaffen, wie sie zum Beispiel in den USA längst existiert. Allein die Zahl der Stipendien, mit denen Studierende in Deutschland von der Bundesregierung unterstützt werden, hat sich in den vergangenen sechs Jahren mehr als verdoppelt. Neu in der Stipendienlandschaft ist 2011 das Deutschlandstipendium hinzugekommen. Was steckt eigentlich genau dahinter?

Erhielten im Jahr 2005 rund 16 400 Studenten ein Stipendium, waren es 2011 bereits rund 37 000. »Diese Zahlen zeigen: Bei der Etablierung einer Stipendienkultur in Deutschland kommen wir gut voran«, betont Bundesbildungsministerin Annette Schavan in einer Pressemitteilung ihres Ministeriums.

Auch wenn das Bewerbungsverfahren und möglicherweise zusätzliche Pflichten im Studium mehr Aufwand bedeuten, lohnt es auf alle Fälle, sich nach Sponsoren fürs Studium umzusehen. Denn Absolventen müssen das Stipendiengeld im Gegensatz zum BAföG nicht zurückzahlen. Auch die Hochschul- rektorenkonferenz (HRK) begrüßt das Deutschlandstipendium als zusätzliches Studienfinanzierunginstrument grundsätzlich, plädiert jedoch für eine flexiblere Handhabung der Kontingente.

 

Im vergangenen Jahr wurden etwa 28 000 Studierende über ein Stipendium von eines der zwölf Begabtenförderungswerke unterstützt (siehe dazu Kasten). Neben diesen Stipendien sind seit dem Jahr 2008 mehr als 3500 Aufstiegsstipendien für Studierende, die bereits über Berufserfahrung verfügen und eine Hochschule besuchen, vergeben worden.

Begabtenförderungswerke

Die zwölf Begabtenförderungswerke spiegeln das pluralistische Spektrum der weltanschaulichen, konfessionellen, politischen, wirtschafts- oder gewerkschaftsorientierten Strömungen in Deutschland wider. Im Einzelnen sind dies:

 

das Cusanuswerk (katholische Kirche): www.cusanuswerk.de

das Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk (jüdische Begabtenförderung): www.eles-studienwerk.de

das Evangelische Studienwerk Villigst: www.evstudienwerk.de

die Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD-nah): www.fes.de

die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FDP-nah): www.fnst.de

die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU-nah): www.hss.de

die Hans-Böckler-Stiftung (DGB): www.boeckler.de

die Heinrich-Böll-Stiftung (Bündnis 90/Die Grünen-nah): www.boell.de

die Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU-nah): www.kas.de

die Rosa-Luxemburg-Stiftung (Die Linke-nah): www.rosalux.de

die Stiftung der Deutschen Wirtschaft: www.sdw.org

die Studienstiftung des deutschen Volkes: www.studienstiftung.de

 

Die erstgenannten Stipendien der Begabtenförderungswerke, zu denen die Studienstiftung des deutschen Volkes, die parteinahen und die konfessionellen Stiftungen wie die Stiftungen der Sozialpartner gehören, werden abhängig vom Einkommen der Eltern vergeben. Hinzu kommt ein einkommens-unabhängiges Büchergeld, das zum Sommersemester 2011 von 80 auf 150 Euro erhöht wurde und im Laufe des Jahres 2013 auf 300 Euro steigen soll. Außer bei den Begabtenförderwerken können Studenten sich auch bei vielen anderen, kleineren Stiftungen um Förderung bemühen. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen vertritt die Interessen von mehr als 18 000 Stiftungen in Deutschland. Unter www.stipendiendatenbank.de finden sich zum Beispiel mehr als 700 Förderprogramme von 400 Institutionen. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (www.daad.de) vergibt zum Beispiel Auslandsstipendien.

In den USA beispielsweise werden knapp zwei Drittel der Ausgaben für Hochschulen von Alumni, Unternehmen und anderen privaten Stiftern finanziert. Der Anteil in Deutschland liegt dagegen mit 15 Prozent noch unter dem OECD-Durchschnitt von circa 30 Prozent. Mit dem Deutschlandstipendium soll sich das ändern. Diese Form der Begabtenförderung ist im Jahr 2011 neu in der deutschen Stipendienlandschaft hinzugekommen. Rund 5500 Stipendien wurden seit Beginn des Programms zum Sommersemester 2011 geschaffen. Mittelfristig sollen bis zu 8 Prozent aller Studierenden, also etwa 160 000 Studenten davon profitieren.

 

Deutschlandstipendium

 

Das Deutschlandstipendium beträgt 300 Euro monatlich, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Es wird nicht auf das BAföG angerechnet. Die Hälfte zahlt der Bund, die andere Hälfte wird von privater Seite aufgebracht – von Unternehmen, Stiftungen oder Privatpersonen. Hierfür haben die Hochschulen bereits jetzt etwa zehn Millionen Euro von privater Seite eingeworben.

 

Wie kommt man nun zu so einem Deutschlandstipendium? Wie bei anderen Stipendien auch, können die Anforderungen an die Bewerber sehr vielfältig sein. Gute Noten sind natürlich immer ein Pluspunkt, aber nicht alleiniges Kriterium. Berücksichtigt werden auch die Überwindung besonderer biografischer Hürden, etwa für Zuwanderer, die mit einer anderen Sprache aufgewachsen sind, oder auch soziales Engagement. Studierende bewerben sich für ein Deutschlandstipendium direkt bei ihrer Hochschule. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass diese an dem Programm teilnimmt.

10 Forderungen für ein modernes BAföG

Die Ausgaben von Bund und Ländern für das BAföG sind von rund 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf fast 2,9 Milliarden Euro im Jahr 2010 angestiegen. Das geht aus dem 19. BAföG-Bericht hervor, den das Bundeskabinett verabschiedet hat. Der Berichtzeitraum umfasst die Jahre 2008 bis 2010. Danach sind die durchschnittlichen monatlichen Förderbeträge bei den Studierenden um fast 10 Prozent von 398 Euro im Jahr 2008 auf zuletzt 436 Euro 2010 gestiegen. Die Zahl der mit BAföG geförderten Studenten stieg seit 2008 von 333 000 auf rund 386 000 in 2010.

 

Nach Verabschiedung des BAföG- Berichts hat Bundesbildungsministerin Annette Schavan den Ländern angeboten, Gespräche über mögliche Anpassungen und die inhaltliche Fortentwicklung des BAföG zu führen. Der Bund trägt die Kosten des BAföG zu 65 Prozent, die Länder zu 35 Prozent.

 

verlässlicher Inflationsausgleich (also regelmäßige und dynamische Anpassung der Bedarfssätze an die Preis- und Einkommensentwicklung)

mehr Menschen in die Studienförderung einbeziehen

das BAföG Bologna-kompatibel machen

Altersgrenze abschaffen

den Darlehensanteil senken

Förderung auch bei Fachrichtungswechsel und über die Höchstdauer hinaus sichern

Schüler-BAföG ausbauen

Studienfinanzierung für Studierende mit Behinderung verbessern

Studierende mit Kindern besser absichern

Teilzeitstudien sind Realität und müssen daher auch förderungsfähig sein.

 

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock begründet diese Forderungen so: »Zu viele potenziell Studieninteressierte aus finanziell schwächeren Haushalten nehmen kein Studium auf, weil das Elterneinkommen knapp über der BAföG-Bemessungsgrenze liegt, ihre Eltern aber das Studium nicht finanzieren können. Um diese Gruppe für ein Studium zu gewinnen, muss das BAföG über eine deutliche Erhöhung der Freibeträge bis weit in die soziale Mittelschicht hineinreichen.«

Deutschlandweit beteiligen sich momentan mehr als drei Viertel aller Hochschulen. Die Hochschulen selbst gestalten das Auswahlverfahren und wählen die Stipendiaten aus. Das Deutschlandstipendium soll den Studierenden nach Möglichkeit während der gesamten Regelstudienzeit, im Fach Pharmazie also acht Semester, gezahlt werden. Es wird für mindestens zwei Semester bewilligt. Für das nächste Studienjahr prüft die Hochschule, ob alle Förderkriterien erfüllt sind und private Mittel weiterhin zu Verfügung stehen.

 

Für Pharmaziestudenten interessant

 

Einige Hochschulen haben schnell die für 2011 angestrebte Höchstförderquote von 0,45 Prozent der Studierenden erreicht oder sogar deutlich mehr Stipendien eingeworben, als sie 2011 vergeben konnten. Zu diesen Unis zählt auch die Goethe-Universität Frankfurt am Main. Sie konnte zum Beispiel innerhalb von knapp einem halben Jahr 161 Stipendien bei privaten Spendern, Stiftungen und Unternehmen in Frankfurt und der Region einwerben. Insgesamt beteiligten sich 125 Förderer, von denen 100 zum ersten Mal als Spender der Hochschule auftraten. Von den 161 Stipendiaten in Frankfurt befinden sich die meisten in der Anfangsphase des Studiums (erstes bis drittes Semester). Fast zwei Drittel von ihnen haben noch nie zuvor ein Stipendium bezogen.

Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz bildet am Institut für Pharmazeutische Chemie der Goethe-Universität nicht nur angehende Apotheker aus. Er ist gleichzeitig Vizepräsident der Uni. Im Gespräch mit der PZ berichtet Schubert-Zsilavecz über seine Erfahrungen mit dem Deutschlandstipendium. »Persönlich halte ich das Deutschlandstipendium für ein fantastisches Instrument zur Förderung besonders begabter Studierender. Dass es der Goethe-Universität bereits im ersten Jahr gelungen ist, die maximale Anzahl von Stipendien auszuschütten, ist sicherlich dem Status der Stiftungsuniversität geschuldet. Ganz viele Bürgerinnen und Bürger aus Frankfurt, aber insbesondere auch Unternehmen und Stiftungen der Region haben für dieses Projekt Mittel zu Verfügung gestellt. Ich selbst habe als DJ im Rahmen zweier Aktionen Mittel für Stipendien eingesammelt. Ab Herbst wird die Uni in der Lage sein, mehr als 300 Stipendien vergeben zu können, was einer Verdopplung der bisherigen Stipendien gleichkommt.»

 

Selbstverständlich sei die Form der Förderung auch für Pharmaziestudenten eine interessante Sache. Das kann Carmen Gött, Pharmaziestudentin im fünften Semester an der Uni Frankfurt, nur bestätigen. Sie ist die erste und bisher einzige Pharmaziestudentin, die ein Deutschlandstipendium erhalten hat. Alumni und Freunde der Pharmazeutischen Institute e. V. in Frankfurt waren der private Geldgeber dafür. Gött: »Dass das Deutschlandstipendium als solches existiert, hatte ich bereits im Laufe des Jahres der Presse entnommen. Als die Goethe-Universität diese Möglichkeit anbot, wurde jeder Student per E-Mail informiert. Diese Chance habe ich wahrgenommen und mich dem Bewerbungsverfahren gestellt. Das Stipendium ist für mich die Möglichkeit, mir etwas weniger Sorgen um die spätere Finanzierung meiner Wünsche machen zu müssen. Da ich derzeit noch bei meinen Eltern wohne, kann ich das Geld sparen und für die Finanzierung meines Auslandsaufenthaltes im Praktischen Jahr beiseitelegen.« /

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