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Steuertipp

Reisekostenrecht verbessert

30.01.2012  14:48 Uhr

Von Oliver Schmitz / Ein Arbeitnehmer kann nur eine regelmäßige Arbeitsstätte haben. Dies entschied der Bundesfinanzhof (BFH) Mitte 2011 und verbesserte damit maßgeblich die steuerliche Behandlung von Reisekosten. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Meinung angeschlossen und vor Kurzem Kriterien zur Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte festgelegt.

Die Münchner Richter gaben ihre bisherige Rechtsprechung auf. Bislang konnte ein Arbeitnehmer, der in mehreren Einrichtungen des Arbeitgebers tätig war, mehrere regelmäßige Arbeitsstätten nebeneinander innehaben. Dies führte bei den Arbeitnehmern dazu, dass sie Fahrtkosten zu den jeweiligen Arbeitsstätten nur im Rahmen der Entfernungspauschale (0,30 Euro pro Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) als Werbungskosten geltend machen konnten.

Ein Werbungskostenabzug beziehungsweise die lohnsteuer- und sozialversicherungsfreie Erstattung von Verpflegungsmehraufwendungen durch den Arbeitgeber kam nicht in Betracht. So konnte eine Apothekenmitarbeiterin, die zwar arbeitsvertraglich in der Hauptapotheke eingesetzt wurde, je nach Bedarf aber öfter auch in der Filiale A oder der Filiale B zum Einsatz kam, jeweils nur 0,30 Euro pro Entfernungskilometer von ihrer Wohnung zu den unterschiedlichen Arbeitsorten steuerlich zum Abzug bringen. Auch die Bemessung des geldwerten Vorteils für die Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber zur privaten Nutzung orientierte sich anhand der verschiedenen regelmäßigen Arbeitsstätten.

 

Die neue Rechtsprechung führt zu einer erfreulichen steuerlichen Vereinfachung und vor allem zur Entlastung der Arbeitnehmer. Die Beschränkung auf die Möglichkeit, maximal eine regelmäßige Arbeitstätte zu haben, führt dazu, dass das Aufsuchen von anderen Arbeitsorten nach Dienstreisegrundsätzen zu behandeln ist. In dem vorgenannten Beispiel ist es der Apothekenmitarbeiterin jetzt möglich, die Fahrten zu den Filialen mit 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer anzusetzen, also doppelt so hoch wie bisher. Sollte sie an den Einsatztagen in den Filialen mehr als acht Stunden von ihrer Wohnung abwesend sein, kann sie pauschale Verpflegungsmehraufwendungen geltend machen. Alternativ könnte der Apothekeninhaber die Reisekostenpauschalen lohnsteuerfrei und ohne Belastung durch Sozialversicherungsbeiträge erstatten.

 

Die Finanzverwaltung hat die geänderte Rechtsprechung des BFH anerkannt. Nach einem aktuellen Erlass ist von einer regelmäßigen Arbeitsstätte auszugehen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der dienstrechtlichen/ arbeitsvertraglichen Festlegungen

einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet ist oder

in einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers arbeitstäglich, je Arbeitswoche einen vollen Arbeitstag oder mindestens 20 Prozent seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (Prognoseentscheidung).

 

In dem Erlass wird aber bereits angedeutet, dass die Anwendung der Urteile unter Vorbehalt einer gesetzlichen Neuregelung steht. Vermutlich wird die Finanzverwaltung versuchen, den Gesetzgeber zu einer Neuregelung zu bewegen. Diese Erfahrung musste der Bürger zuletzt häufiger machen, wenn der BFH steuerzahlerfreundliche Urteile fällte, zum Beispiell zur Steuerfreiheit von Erstattungszinsen zur Einkommensteuer oder auch zum Werbungskostenabzug bei Aufwendungen für ein Erststudium. / 

Diplom-Finanzwirt Oliver Schmitz ist Steuerberater und Rechtsanwalt. Er arbeitet in der Steuerabteilung der Treuhand Hannover GmbH Steuer-beratungsgesellschaft, Hildesheimer Straße 271, 30519 Hannover, Telefon: 0511 83390-0, www.treuhand-hannover.de.

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