Zwei schlechte Vorschläge |
25.01.2006 11:12 Uhr |
Es wird Zeit, dass die große Koalition damit beginnt, die zukünftige Finanzierung des Gesundheitswesens in Deutschland zu diskutieren. Nur so lässt sich den unsinnigen Äußerungen einiger selbst ernannter Gesundheitsexperten der Boden entziehen. Am Wochenende hat SPD-Abgeordneter Professor Dr. Karl Lauterbach in der »Welt am Sonntag« wieder einmal seine Meinung zur Finanzierung des Gesundheitswesens zum Besten gegeben. Lauterbachs aktuelle Lösung: Spitzenverdiener sollen mit höheren Steuern zur GKV-Sanierung beitragen. Seine Begründung: Die Wohlhabenden beteiligten sich weit unterproportional an der solidarischen Finanzierung des Gesundheitssystems.
Ein solcher Vorschlag kann nicht ernst genommen werden. Er heizt einmal mehr die Neiddiskussion in der Gesellschaft an, das ist sicher auch Lauterbachs Absicht. Solidarisches Verhalten fördert er so ganz bestimmt nicht. Abgesehen davon, dass mit einer weiteren Reichensteuer das Finanzierungsproblem des Gesundheitssystem nicht gelöst werden kann, vergisst Lauterbach, dass Selbstständigen durch Beitragsbemessungsgrenzen, der Zutritt zur GKV verwehrt bleibt.
Auch nicht hilfreich sind die Äußerungen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt gegenüber dem »Focus«. Sie könne sich durchaus höhere Arzthonorare vorstellen, wenn im Gegenzug weniger Geld für Arzneimittel ausgegeben werde. Schmidt hat offensichtlich das im Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG) vorgesehene Bonus-Malus-System noch nicht zu den Akten gelegt, obwohl die Ärzte sich selbst dagegen gewehrt haben.
Nachdenklich macht ihre Begründung: »Ich halte es nicht für richtig, dass wir mehr Geld für Arzneimittel ausgeben als für die gesamte Honorierung der niedergelassenen Ärzte«. Diese Aussage ist gleich aus mehreren Gründen unsinnig. So vergisst Schmidt offensichtlich, dass unser Gesundheitssystem nicht nur aus dem niedergelassenen Bereich besteht. Arzthonorare und Arzneimittelkosten machen gerade einmal etwas mehr als 30 Prozent der Gesamtkosten aus. Der größte Teil der Kosten fällt im Krankenhaus an, und hier stehen Arzneimittelkosten und Arztgehälter in einem vollkommen anderen Verhältnis zueinander. Die Krankenhäuser geben nur einen Bruchteil ihres Geldes für Arzneimittel aus.
Außerdem stellt Schmidt zwei Dinge in einen falschen Zusammenhang. Die Honorare der Ärzte und die Ausgaben für Arzneimittel hängen einfach nicht voneinander ab. Sie lassen sich auch nicht gegeneinander aufrechnen. Gibt die GKV mehr für Ärzte aus, bedeutet dies nicht, dass sie dadurch gleichzeitig bei Arzneimitteln sparen könnte, ohne die Versorgungsqualität zu beeinflussen. Man kann der Ministerin nur entgegenhalten, wenn sie ein Haus bauen will, dann wird sie für den Architekten sicher weniger ausgeben als für das Haus selbst. Ähnlich ist es auch im Gesundheitswesen. Die Behandlung eines Patienten darf durchaus mehr kosten als die Diagnose und der Therapievorschlag des Arztes. Wichtig ist allein, welche Therapie die effizienteste ist - nicht wer wie viel dafür bekommt.
Nach den Äußerungen von Schmidt und Lauterbach kann man gespannt sein, wie der vom Ministerium für Ende März angekündigte Vorschlag für ein reformiertes Gesundheitssystem in Deutschland aussehen wird. Ein Gutes wird er hoffentlich haben haben: Man weiß wieder, über was man diskutiert.
Professor Dr. Hartmut Morck
Chefredakteur