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USA

Schlaffe Lähmungen unklarer Ursache

20.01.2015  16:25 Uhr

Von Christina Hohmann-Jeddi / Seit August 2014 sind in den USA gehäuft Fälle von polio-ähnlichen Lähmungen bei Kindern aufgetreten. Insgesamt 103 Kinder in 43 Bundesstaaten entwickelten eine akute schlaffe Myelitis (AFM), die den Kriterien der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) entspricht, meldet das Institut. Nach der Ursache werde noch gesucht.

Nach Falldefinition der CDC liegt eine AFM vor, wenn die Betroffenen jünger als 22 Jahre sind, die fokale Schwäche der Extremitäten abrupt einsetzt und mithilfe der MRT Läsionen des Rückenmarks, speziell in der grauen Substanz, zu finden sind. Die Fälle müssen laut CDC zudem nach dem 1. August 2014 aufgetreten sein. 

 

Die Begrenzung des Zeitraums haben die Experten der CDC vorgenommen, da ab diesem Zeitpunkt gehäuft schwere Atemwegsinfektionen ausgelöst durch das Enterovirus D68 (EV-D68) beobachtet wurden. Da das Virus mit dem Polio-Erreger (ebenfalls ein Enterovirus) verwandt ist, lag es nahe, den EV-D68-Ausbruch mit den AFM-Fällen in Verbindung zu bringen. Dieser Zusammenhang ließ sich bislang aber nicht bestätigen, schreiben die CDC-Experten in einem Zwischenbericht, der im Morbidity and Mortality Weekly Report (MMWR) erschien.

 

In diesem fassen sie das bisherige Wissen zu den AFM-Fällen zusammen. Die Patienten waren im Schnitt 7,6 Jahre alt. Die meisten mussten hospitalisiert werden, einige erhielten künstliche Beatmung. Die meisten Betroffenen (92 Prozent) litten vor Beginn der neurologischen Symptome an Fieber oder einer Atemwegserkrankung. Die Gliederschwäche trat in der Regel abrupt auf und verschlimmerte sich dann innerhalb weniger Stunden deutlich. Meist war sie asymmetrisch und konnte bis zur vollständigen Lähmung einer Gliedmaße (Monoplegia) führen. Bei etwa zwei Dritteln verbesserten sich die Symptome innerhalb von Wochen geringfügig. Ein Drittel zeigte keine Veränderungen. In keinem Fall war eine vollständige Rückbildung der Symptomatik zu verzeichnen. Todesfälle traten nicht auf.

 

Bei 71 Patienten wurde die zerebrospinale Flüssigkeit auf Erreger getestet. Bei keinem fand sich ein Enterovirus oder ein anderes Pathogen. Von 41 Patienten wurden Proben der oberen Atemwege untersucht. Davon wurden 20 Prozent positiv auf EV-D68 und weitere 22 Prozent positiv auf andere Enteroviren oder Rhinoviren getestet. Untersuchungen zu anderen Krankheitserregern stünden noch aus, schreiben die CDC-Experten. Zusammen mit klinischen Partnern arbeiteten sie weiterhin daran, die AFM-Ursache zu identifizieren. Eine Reihe von Erregern kann ähnliche schlaffe Lähmungen auslösen. Zu diesen gehören neben den Enteroviren auch Flaviviren wie das Gelbfieber- oder West-Nil-Virus, Herpesviren und bestimmte Adenoviren. Auch Intoxikationen mit Umweltgiften könnten als Auslöser infrage kommen. /

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