Erwartungen an das neue Jahr |
25.01.2011 18:04 Uhr |
Von Stephanie Schersch, Berlin / Die Ersatzkassen halten nicht viel von der zu Jahresbeginn gestarteten Gesundheitsreform. Mit Blick auf 2011 fordern sie höhere Pflegebeiträge, um Reserven für die Zukunft aufzubauen. Auch bei der Ärzteversorgung sehen die Kassen Handlungsbedarf.
Die Finanzreform der Kassen stellt das System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf den Kopf. So zumindest beschreibt es Christian Zahn, Vorsitzender des Verbandes der Ersatzkassen (VDEK). »Mit dem Gesetz leitet die Bundesregierung den Ausstieg aus der solidarisch finanzierten Krankenversicherung ein«, sagte Zahn auf einer Pressekonferenz zum Jahresauftakt in Berlin. Seit 1. Januar liegt der GKV-Beitragssatz bei 15,5 Prozent, der Arbeitgeberanteil wurde eingefroren. Künftig tragen die Versicherten alle Kostensteigerungen allein über nach oben offene Zusatzbeiträge.
Zahn rechnet für 2014 mit einem Extrabeitrag von monatlich mehr als 20 Euro, der in den Folgejahren weiter steigen dürfte. Schon ab einem eventuellen Zusatzbeitrag von 75 Euro würden alle rund 50 Millionen GKV-Mitglieder zu Empfängern des geplanten Sozialausgleichs, sagte Zahn. Dafür würde wohl kein Finanzminister Steuermittel zur Verfügung stellen, »sodass wir sicher sein können, dass auch dieses Gesetz keinen Bestand haben wird«.
Mit Blick auf die anstehende Pflegereform sprach sich Zahn für eine Anhebung der Beiträge aus, um damit Reserven für die Zukunft aufzubauen. Er warnte die Regierung davor, einen pauschalen Zusatzbeitrag für die Pflege einzuführen. Auch verpflichtende private Zusatzversicherungen schloss Zahn aus. »Dieser Weg ist untauglich.« Die Nachhaltigkeitsreserve müssten Arbeitgeber und Angestellte gemeinsam tragen.
Das von der Unionsbundestagfraktion vorgelegte Papier für eine bessere Ärzteversorgung bewertete der Vorstandsvorsitzende des VDEK, Thomas Ballast, überwiegend positiv. Er lobte besonders, dass die Ärzte nicht noch mehr Geld bekommen sollen. Es müsse vielmehr darum gehen, vorhandene Kapazitäten umzusteuern. »Wir haben keinen Ärztemangel, sondern nur ein Verteilungsproblem«, sagte Ballast. Das Unionspapier sieht unter anderem eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Krankenhäusern vor. In ländlichen Arztpraxen sollen zudem tageweise abwechselnd Haus- und Fachärzte tätig sein.
Mehrkostenregelung: Einigung in Sicht
Weit oben auf der Agenda der Ersatzkassen steht zurzeit die sogenannte Mehrkostenregelung. Patienten können danach ein anderes als das Rabattarzneimittel wählen, wenn sie die entsprechende Differenz aufzahlen. Die Umsetzung der Regelung hatte in den vergangenen Wochen mehrfach zu Streit zwischen Kassen und Apothekern geführt. Der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband (DAV) führen nun Gespräche, um eindeutige Regeln aufzustellen. Eine Einigung sei in Sicht, sagte Ballast.
Demnach erhält der Patient in der Apotheke ein Rezept, auf dem die gesetzlichen Rabatte bereits abgezogen sind. Anschließend reicht er diesen Beleg bei seiner Kasse ein, die ihm den Betrag erstattet, abzüglich einer Verwaltungspauschale und reduziert um den Abschlag, den die Kasse für das reguläre Rabattarzneimittel erhält. »Ich denke, dass wir ab Februar klare vertragliche Regeln haben werden.« Ballast riet den Patienten dennoch, vor jeder Entscheidung für ein Wunschpräparat die Kasse zu kontaktieren, um die genauen Kosten zu erfahren, die auf sie zukommen. /