Hospitanten aus aller Welt |
16.01.2017 13:18 Uhr |
Von Carolin Gieck / Die Sehnsucht nach der Ferne macht auch vor Apothekern nicht Halt. Doch nicht jeder kann im Studium oder im Job einen Auslandsaufenthalt genießen. Mit dem »Student Exchange Programme« (SEP) können Apotheker ihren Alltag mit frischen Impulsen bereichern: als Gastgeber für ausländische Studenten.
Durch die International Pharmaceutical Students Federation (IPSF) sind Pharmaziestudierende weltweit gut vernetzt. Mit dem sogenannten SEP ermöglicht IPSF seit 1953 Auslandsaufenthalte für Studenten. Während der vier- bis sechswöchigen Praktika lernen die Hospitanten nicht nur die Pharmazie, sondern auch die Kultur in fremden Ländern kennen. Deutschland ist hierbei besonders gefragt.
Die Slowakin Tatiana Lazoríková hat in 2016 ein Praktikum im Rahmen des SEP-Programms in der Brunnen-Apotheke in Hallenberg absolviert.
Fotos: Hundelshausen
Neben Plätzen in der öffentlichen Apotheke sind auch Praktika in Industrie, universitärer Forschung und in Klinikapotheken möglich. Dass es sich als deutscher Apotheker stets lohnt, Gastgeber zu sein, schildern Daniela Hundelshausen aus Hallenberg und Dr. Jochen Pfeifer aus Velbert im Gespräch mit der PZ. Beide sind In-haber einer öffentlichen Apotheke und haben bereits mehrfach Studenten eingeladen. Apothekern wird hierbei die volle Gestaltungsfreiheit eingeräumt. »Ich wähle meine Praktikanten selbst aus«, betont Pfeifer. »Man bekommt niemanden einfach zugeteilt.«
Deutschkenntnisse sind Ansichtssache
Sowohl Hundelshausen als auch Pfeifer machten nur positive Erfahrungen mit dem SEP. Dennoch könnten sie unterschiedlicher kaum sein – eine Vielfalt, die sich auch in der Klaviatur deutscher Apotheken widerspiegelt. So spielen deutsche Sprachkenntnisse für Pfeifer überhaupt keine Rolle. Innereuropäisch seien sämtliche Unterhaltungen wie auch Fachliteratur ohnehin auf Englisch. Weder für seine Gaststudenten noch für seine Mitarbeiter habe die Kommunikation daher ein Problem dargestellt.Anders hingegen das Resümee von Hundelshausen: »Ohne mittelmäßige Deutschkenntnisse macht es nicht viel Sinn.« Sie blickt zurück auf einen reichen Erfahrungsschatz mit Hospitanten aus der Slowakei, Slowenien, Frankreich, Taiwan und Serbien. Die Hälfte ihrer Austauschstudenten beherrschte die deutsche Sprache gut. Bei fehlendem Sprachverständnis, gepaart mit der fremden Kultur, haben dagegen sie als auch ihre Mitarbeiter die Gespräche auf Englisch als vergleichsweise anstrengend empfunden.
Fundierte Fachkenntnisse bringen hingegen alle SEP-Studenten mit. Denn meist stu-dieren sie bereits seit drei oder vier Jahren und erinnern eher an einen Pharmazeuten im Praktikum denn an einen Famulanten. Auch Mut und Engagement beweisen sie mit ihrem Auslandsaufenthalt. Hundelshausen: »Die Langweiligen bleiben zu Hause und wagen diesen Schritt erst gar nicht erst.«
Die Aufgaben der Hospitanten reichen von Warenwirtschaft, Lagerhaltung und Bestel-lungen über Labor und Rezeptur bis hin zu Altenheimbegehung, Datenauswertung und natürlich Beratung unter Aufsicht. »Ich möchte die Breite des Berufs darstellen«, erklärt Hundelshausen. »Wir machen nicht nur Schubladen auf und wieder zu«, ergänzt Pfeifer.
Dass nur ein Apotheker eine Apotheke besitzen darf, war für Petra Vodicková neu. Die Tschechin verbrachte ihr SEP in einer öffentlichen Apotheke in Heidelberg, in der die Mitarbeiter ihre Stammkunden mit Namen begrüßen. Das persönliche Verhältnis zu Kunden, die ausführliche Beratung sowie die Fülle an Krankenkassen überraschten sie sehr. Mit Begeisterung berichtet Lily Rutherford, Studentin aus Mississippi (USA), von der Vielseitigkeit ihres Praktikums. Sie hospitierte im Theresienkrankenhaus in Mannheim und unterstützte dort nicht nur die Umstellung der Haus- auf die Klinikmedikation. Auch bei der Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz half sie und begleitete Apotheker auf Station. Doch am meisten interessierte sie das Galenik- und Analytiklabor. Denn beides wird in ihrer Heimat nur selten verwendet.
Pfeifer schätzt an dem Austauschprogramm besonders die Chance, voneinander zu lernen. Ihn selbst habe das SEP vom »hohen Ross« des Inhabers heruntergeholt. Denn die jungen Kollegen aus dem Ausland brächten tolle Ideen mit, die er nutzen kann.
Gestaltung vielfältig
Für seine SEP-Studenten mietet er ein Zimmer in einer kleinen Pension an, obwohl die Unterkunft nicht zwingend gestellt werden muss. Hundelshausen verfügt über eine kleine Einliegerwohnung, die sie ihren Gästen gerne zur Verfügung stellt.
Selma Berrada aus Frankreich lernte im Jahr 2015 die Arbeiten in einer deutschen Apotheke kennen.
Durch die gemeinsame Autofahrt zur Apotheke bekommt der Austausch bei ihr eine sehr persönliche, beinahe familiäre Note. Zudem lädt die ländliche Lage zu Ausflügen ein, sodass auch Kultur nicht zu kurz kommt. Zu einigen Praktikanten pflegt sie noch immer Kontakt.
Auch Pfeifer denkt an Nachwuchs. Denn der Austausch mache seine Apotheke für Pharmazeuten im Praktikum, aber auch Kollegen attraktiver. »Wir müssen den jungen Kollegen etwas bieten, was sie im Beschluss bestärkt, als öffentlicher Apotheker zu arbeiten.« Das SEP unterstütze dabei auch das Selbstbewusstsein. Nicht zuletzt führt jeder Gastaufenthalt dazu, dass es mehr Plätze für die deutschen Studenten gibt. Denn je mehr Studierende für ihr SEP nach Deutschland kommen, desto mehr deutsche Studenten dürfen ihren Traum vom Auslandsaufenthalt verwirklichen.
Koordiniert wird der Austausch in Deutschland vom Bundesverband der Pharmaziestudierenden (BPhD). Die Betreuung des Gastgebers ist laut Pfeifer phänomenal. Der Verband habe dem Apotheker die meiste Arbeit abgenommen. Pfeifers Fazit: »Eigentlich gibt es nur Vorteile und man kann nichts verlieren.
Der BPhD sucht laufend neue Gastgeber. Interessierte finden unter http://www.bphd.de/ausland/informationen-fuer-apotheker/ neben einem Leitfaden für Apotheker auch Ansprechpartner und ein Kontaktformular. /