Pharmazeutische Hilfe weltweit |
09.01.2018 15:32 Uhr |
Von Brigitte M. Gensthaler und Daniela Hüttemann / Apotheker sind Problemlöser: Was in der heimischen Offizin gilt, gilt auch im weltweiten Einsatz. Das zeigen vier deutsche pharmazeutische Hilfsorganisationen in ihren aktuellen Projekten.
»Jeder Mensch hat ein Recht auf Gesundheit. Diesem von der Weltgesundheitsorganisation gesetzten Ziel verpflichten wir uns in unserer Arbeit«, sagt Dr. Andreas Wiegand, Geschäftsführer von Apotheker Helfen (AH). Als Beispiel nennt er den Neubau eines Mutter-Kind-Gesundheitshauses in Dandapaya in Nepal, den die Hilfsorganisation seit etwa zwei Jahren intensiv begleitet. Inzwischen steht den Bergbewohnern eine Basisgesundheitsversorgung zur Verfügung. »Bis zum Frühjahr wollen wir gemeinsam mit unserer Partnerorganisation eine Fachkraft für die Mutter-Kind-Versorgung finden und die Station offiziell eröffnen.«
Wasso-Region stärken
In Nepal sind sowohl AoG als auch Apotheker helfen aktiv. Sie verbessern dort die medizinische Versorgung in entlegenen Bergregionen.
Foto: AoG/Paul Hahn
Ein weiteres, sorgfältig vorbereitetes Großprojekt ist der Bau einer Apotheke beim Wasso-Krankenhaus im Norden Tansanias. Arzneimittellager und -ausgabe, Rezeptur, Beratungszimmer und Büro: Es wird eine Vorzeige-Apotheke für die ambulante Versorgung der Menschen in der Siedlung Wasso werden. Aber das ist nicht alles. Thomas Benkert, 1. Vorsitzender von Apotheker Helfen, erklärt: »Mit unserer langfristigen Zusammenarbeit wollen wir die Gesundheitsstrukturen in der gesamten Region festigen und einheimische Fachkräfte konsequent fördern. Dazu dienen auch die pharmazeutischen Schulungen der Mitarbeiter, die wir seit zwei Jahren finanzieren.«
Die Bauarbeiten für die Wasso-Apotheke beginnen demnächst. Seit Kurzem steht fest, dass eine einheimische Apothekerin für die externe Apotheke und das Krankenhaus eingestellt wird.
Nachhaltigkeit prägt auch das Engagement von AH im Senegal. Die Mutter-Kind-Häuser in Toubab Diallaw und Medina Thioub arbeiten erfolgreich. »Die Patienten und Schwangeren warten geduldig bis zur Konsultation. Sie wissen, dass sie hier eine umfassende Behandlung und qualitätsgesicherte Medikamente bekommen«, berichtet Projektkoordinator Dr. Gerhard Gensthaler. Schulung und Unterstützung des Personals beim Arzneimittel-Management sind die Schwerpunkte der Arbeit im Senegal.
Mehrere Projekte fördert AH gemeinsam mit der Nicht-Regierungs-Organisation Emesco Development Foundation (EDF) im Kibaale-Distrikt im Westen Ugandas. »Aktuell planen wir den Bau eines Gesundheitszentrums in Kitutu, das die lokale Gesundheitsversorgung und Gesundheitserziehung der Kinder stärken soll« berichtet Wiegand. Das Health Center soll Präventions- und Impfprogramme für Schulkinder anbieten sowie Geburtshilfe, -vor- und -nachsorge sicherstellen. Vorrangiges Ziel ist es, die hohe Mütter- und Kindersterblichkeit zu senken.
Ebenfalls unweit einer Schule wurde das Maisuuka Gesundheitszentrum im Kibaale-Distrikt errichtet; in diesem Projekt engagieren sich Apotheker Helfen und Apotheker ohne Grenzen (AoG) gemeinsam mit EDF. Wiegand und Claudia Martin von AoG werden die Eröffnung im Januar begleiten. Die beiden Apotheker wollen bei ihrem zweiten gemeinsamen Projektaufenthalt erneut die EDF-Gesundheitszentren evaluieren und Unterstützung vor Ort leisten. Dazu gehört auch ein mehrtägiges Training von Gesundheitspersonal in Financial Management mit Schwerpunkt Arzneimittelversorgung.
Apotheker Helfen e. V.
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Apotheker ohne Grenzen Deutschland e. V.
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Hilfswerk der Baden-Württembergischen Apothekerinnen und Apotheker
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Stichwort: Dosis Zukunft
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Alle Konten bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank: BIC: DAAEDEDDXXX
AoG-Projekte
Bei den Apothekern ohne Grenzen sind bereits im vergangenen Jahr einige neue Projekte angelaufen, die 2018 richtig Fahrt aufnehmen sollen. Seit März 2017 wirkt AoG im indischen Darjeeling an einer Studie mit, die das Verschreibungs- und Abgabeverhalten von Ärzten und Apothekern bei Antibiotika untersucht und verbessern will. »Wir schulen dort das Personal, damit die Antibiotika leitliniengerecht zum Einsatz kommen«, erklärt Projektkoordinatorin Stefanie Pügge. Ziel sei es, Resistenzbildung zu vermeiden. In Nepal hilft AoG bei der Einrichtung eines Arzneimittellagers im Solukhombu-Distrikt. Dort sollen die Bergbewohner erstmals eine pharmazeutische Grundversorgung vor Ort bekommen.
Von Berlin bis Bangladesch
In Berlin startete vor Kurzem eine Zusammenarbeit mit der Bahnhofsmission, um die Versorgung Obdachloser zu verbessern. »Wir unterstützen dabei sowohl mit Arznei- und Hilfsmittelspenden als auch mit Schulungen der freiwilligen Ärzte und Pflegekräfte zur sachgerechten Anwendung«, erklärt Pügge. »Wir wollen gemeinsam eine Hausliste erstellen, um die Ressourcen bestmöglich zu nutzen.«
2018 sollen diese und viele weitere etablierte Projekte fortgeführt werden. Auf den Philippinen wird der Verein in einer neuen Region aktiv. In Nordluzón wird ab Januar eine deutsche Apothekerin lokales Personal rund um Arzneimittelanwendung und -logistik schulen.
Neu hinzukommen werden zudem zwei Projekte in der Demokratischen Republik Kongo. Zum einen soll dort ein kirchlich betriebener Großhandel unterstützt werden. »Das Personal ist bislang in der Logistik nicht gut ausgebildet, sodass es häufig zu Verteilungsproblemen der Medikamente kommt«, erklärt Pügge. »Wir wollen dabei helfen, dass die richtigen Medikamente aus sicheren Quellen an den richtigen Ort gelangen.« Außerdem unterstützt AoG die Einrichtung eines neuen Gesundheitszentrums durch einen privaten Träger. »Wir werden die Apotheke miteinrichten, das Personal schulen und finanziell und mit Know-how den ersten Einkauf unterstützen«, sagt die Projektkoordinatorin.
Und auch in Bangladesch werden die Apotheker aktiv. Die Versorgung mit Medikamenten für die vielen Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar ist unzureichend. AoG unterstützt gemeinsam mit Partnern in der Nothilfe die Beschaffung von Medikamenten und die fachgerechte Abgabe vor Ort. »Für 2018 wünsche ich mir, dass die Menschen, die in den vergangenen Jahren von großer Not und Katastrophen betroffen waren, verschont bleiben«, so AoG-Geschäftsführerin Eliette Fischbach. »Wir werden uns weiterhin für sie und für andere einsetzen.«
Schulprojekt »Verrückt? Na und!«
Dr. Gerhard Gensthaler mit den verantwortlichen Leiterinnen des Mutter-Kind-Hauses in Toubab Diallaw, SenegalDr. Andreas Wiegand, Stefani Pügge, Claudia Martin (von rechts) und ein Mitarbeiter von EDF in UgandaDie Apotheker Dr. Dirk und Dr. Philipp Schulte-Mecklenbeck (rechts)
Fotos (von oben): Apotheker Helfen, Apotheker ohne Grenzen, AK Westfalen-Lippe
Das Hilfswerk der Baden-Württembergischen Apothekerinnen und Apotheker hat das Schulprogramm »Verrückt? Na und!« als Hauptprojekt 2018 gewählt und unterstützt damit den Leipziger Verein »Irrsinnig Menschlich«. Ziel der Aktionen ist es, psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen aus der Tabu-Ecke herauszuholen.
Der Vorsitzende des Hilfswerks, Fritz Becker, erklärt das Programm: »Es bietet Schulen einen Projekttag an, an dem sich Schülerinnen und Schüler ab der 8. Klasse unter fachlicher Begleitung mit psychisch Erkrankten und Angehörigen austauschen können. In den Gesprächen geht es um die Entstehung solcher Störungen und um Hilfe und Wege heraus. Diesen guten und konstruktiven Umgang mit dem sensiblen Thema wollen wir Apotheker unterstützen.« Mit den Spenden sollen neue Regionalgruppen in Baden-Württemberg finanziert werden.
Impfaktion »Eine Dosis Zukunft«
2017 sind mehr als 45 200 Euro für das Projekt »Eine Dosis Zukunft« der Apothekerkammer Westfalen-Lippe und der Kindernothilfe zusammengekommen – so viel wie noch nie. Seit dem Start der Initiative im Dezember 2009 konnten so bis dato 144 708 Kinder in den Slums von Kalkutta für jeweils nur 2 Euro geimpft werden. Angesichts der niedrigen Kosten für die Kombi- Impfung helfen schon Cent-Beträge: So wandert Geld, das Apotheker von ihren Kunden für Plastiktüten nehmen müssen, bei vielen Kollegen direkt in die Spendendose. Neben diesen Einnahmen kamen einige größere Beträge von besonderen Aktionen und verschiedenen Firmen hinzu. Ein Privatverkauf traditioneller Apothekengefäße zugunsten des Spendenprojekts brachte zum Beispiel 1000 Euro ein. Ähnliche Aktionen sollen in diesem Jahr folgen.
»Wir dürften spätestens im März bereits die Marke von 300 000 Euro an Spendengeldern übertreffen«, so AKWL-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Und ein großes Spenden-Event sei für den Spätsommer oder Frühherbst geplant. /