Auftritt von CDU-Spitzenpolitikern parteienrechtlich umstritten |
Sawatzki schätzt, dass Doc Morris für diese Aktion einen fünfstelligen Betrag bezahlte. Aus Aufzeichnungen von Abgeordnetenwatch kann zudem eine Summe abgelesen werden, die Doc Morris den Grünen bei der Bundesdeligiertenkonferenz im Januar 2018 in Hannover gesponsert hatte: 2521 Euro. Die prominente Werbefläche auf den Gesichtern der drei Spitzenpolitiker dürfte deutlich mehr kosten. Die Grünen legen ihre Sponsoring-Einnahmen seit 2012 für die Bundesparteitage freiwillig offen. Auch die SPD veröffentlicht diese Einnahmen seit drei Jahren. Dies geschah allerdings erst auf Druck der Öffentlichkeit: »2016 wurde bekannt, dass Unternehmen und Lobbyisten ein Gespräch oder ein gemeinsames Essen mit SPD-Spitzenpolitikern kaufen konnten«, erklärt Sawatzki. Auch die damalige Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) zeigte eine umstrittene Nähe zu Doc Morris. Nach dem Skandal »Rent a Sozi« entwarf die SPD zwar einen entsprechenden Gesetzesentwurf, in den Bundestag gelang dieser aber nicht – die Union stellte sich gegen die Gesetzesänderung hin zu mehr Transparenz.
»Partei-Sponsoring kritisieren wir seit Jahren«, betont Sawatzki. »Wir fordern, dass zumindest die Zahlungen offengelegt werden müssen«. Dass jetzt Spitzenpolitiker Werbung für private Unternehmen auf dem Körper tragen, wie es bei Rennfahrern beispielsweise üblich ist, habe es noch nie gegeben, so Sawatzki. »Das ist eine deutliche Grenzüberschreitung!«, betont die 47-Jährige. Sie kann sich gut vorstellen, dass auch konservative Politiker kritisch darüber denken. Sorgen macht sich Sawatzki auch darüber, dass solche Aktionen das Bild der Politik beschädigen. »Dieses Verhalten fördert Politikverdrossenheit, denn es suggeriert, dass Volksvertreter für ein paar tausend Euro zu haben seien.«
Auch die Juristin Merten findet, der Auftritt hat ein »politisches Geschmäckle«. Parteien sind laut Grundgesetz zur Transparenz verpflichtet. In Artikel 21 Grundgesetz steht: Parteien »müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.« Dass die Transparenz von Partei-Sponsoring bislang nicht gesetzlich geregelt ist, widerspricht damit zwar der Verfassung, hat aber einen einfachen Grund: »Das Parlament entscheidet über das Parteiengesetz, damit entscheiden sie in eigener Sache«, betont Merten. »Parteiengesetzänderungen, die für die Parteien nicht vorteilhaft sind, werden immer schwer durchs Parlament gebracht.«