Auch das Gehirn kann insulinresistent werden |
Christina Hohmann-Jeddi |
13.04.2022 16:30 Uhr |
Eine fettreiche Ernährung kann schon nach wenigen Tagen im Gehirn eine Insulinresistenz auslösen. / Foto: Adobe Stock/Weerachat
Was und wann der Mensch isst, ist keine reine Willenssache. »Die Nahrungsaufnahme eines Organismus wird komplex reguliert und zentralnervös gesteuert«, berichtete Professor Dr. André Kleinridders von der Universität Potsdam auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, der vom 16. bis 18 März digital stattfand. Dabei spielen im Gehirn kurzfristige Sättigungssignale wie gastrointestinale Hormone, langfristige Signale wie das Leptin, aber auch Geruch und Aussehen der Speisen zusammen.
Eine wichtige Rolle nimmt dabei das Insulin ein. Steigt beim Essen der Blutzuckerspiegel an, wird das Hormon von den Betazellen der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet. Es erreicht auch das Gehirn, wo es unter anderem spezielle appetithemmende Nervenzellen im Hypothalamus, die POMC-Neurone aktiviert. Diese drosseln daraufhin die Nahrungsaufnahme. »Die POMC-Neurone sind in der Regulation sehr wichtig«, machte Kleinridders deutlich. Sind sie in ihrer Funktion etwa durch Mutationen gestört, ist das Adipositasrisiko erhöht.
Die zentralnervöse Wirkung des Insulins könne man gut untersuchen, indem man es intranasal verabreicht. Diese Art der Applikation führe nicht zu einem Abfall des Blutzuckerspiegels, senke sowohl im Tierversuch als auch beim Menschen die Nahrungsaufnahme aber deutlich. In Versuchen mit Tieren, die eine hochkalorische, fettreiche Diät erhielten, habe intranasal verabreichtes Insulin einer Gewichtszunahme entgegenwirken können, berichtete Kleinridders.
Bei einer Fehlernährung werde dieser Regulationsmechanismus aber gestört. »Wie Muskeln, Leber und Fettgewebe kann auch das Gehirn eine Insulinresistenz entwickeln«, sagte der Ernährungsmediziner. Es reagiert dann nicht mehr auf die hereinkommenden Insulinsignale. Diese Resistenz sei problematisch, da sie nicht nur ein Kennzeichen von metabolischen, sondern auch von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer-Demenz sei.