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Arzneimittel und Umwelt stärker im Pharmaziestudium verankern

Das Umweltbundesamt stuft die Apotheke als zentralen Ort für den umweltbewussten Umgang mit Arzneimitteln ein. Doch bislang erfahren Pharmazeuten im Studium noch viel zu wenig über das Thema. Wie lässt sich das ändern?
PZ
28.08.2020  10:50 Uhr

Das Umweltbundesamt schlägt Alarm: »Arzneimittel werden immer öfter in der Umwelt nachgewiesen«, betont es heute in einer Pressemitteilung. Mittlerweile werden flächendeckend in allen Fließgewässern, Böden, im Grundwasser und vereinzelt sogar im Trinkwasser Arzneimittelrückstände gefunden. In Forschungsprojekten wurden 269 Wirkstoffe oder deren Abbauprodukte gefunden. Am häufigsten sind es Antiepileptika, Blutdrucksenker und Schmerzmittel sowie Antibiotika und Betablocker.

Zwar sind die Konzentrationen gering. Das Umweltbundesamt schließt nach heutigem Kenntnisstand aus, dass dies Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hat. Es fürchtet jedoch negative Effekte auf Wasserorganismen, und ob sich die niedrigen Arzneistoffkonzentrationen im Wasser vielleicht doch dauerhaft auf die menschliche Gesundheit auswirken, ist noch unklar. Daher will das Umweltbundesamt im Sinne des Vorsorgeprinzips den Eintrag von Arzneimitteln in die Umwelt reduzieren. Dabei sollen die Apotheker eine zentrale Rolle spielen. Sie sollen umweltrelevante Aspekte von Arzneimitteln in ihre Beratung einfließen lassen und diese wenn möglich bei der OTC-Auswahl berücksichtigen. »Beispielsweise können Apotheker im Einzelfall kleinere Packungen empfehlen, pflanzliche Alternativen anbieten oder Hinweise zur richtigen Entsorgung nicht aufgebrauchter Medikamente geben«, schlägt das Umweltbundesamt vor. Am wichtigsten ist der Hinweis, Arzneimittelreste nicht über Waschbecken oder Toilette zu entsorgen.

Dafür muss das pharmazeutische Personal sich zum einen des Problems bewusst sein. Zum anderen braucht es den wissenschaftlichen Hintergrund und Kenntnisse der zentralen Fakten. Die sollen nun schon im Pharmaziestudium vermittelt werden. Entsprechende Konzepte für ein Lehr- und Informationsangebot für das Studium, aber auch für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für berufstätige Apotheker wurden im Projekt »Die Apotheke als zentraler Ort für den (umwelt-)bewussten Umgang mit Arzneimitteln« entwickelt.

Beteiligt waren das Umweltbundesamt, das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Frankfurt am Main, das Institut für Nachhaltige Chemie und Umweltchemie der Leuphana Universität in Lüneburg, der Verein Öko-Institut in Freiburg sowie von pharmazeutischer Seite Professor Dr. Michael Müller, Petra Mußler und Karina Witte vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Uni Freiburg und der Präsident der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg Günther Hanke. Über das Thema Arzneistoffe im Abwasser hatten Müller und Witte Ende letzten Jahres ausführlich in einem Titelbeitrag in der Pharmazeutischen Zeitung berichtet.

Die Konzepte seien mittlerweile in zwei Aus- und Fortbildungsveranstaltungen erfolgreich erprobt worden. Auf begleitenden Workshops seien umweltrelevante Handlungskonzepte gemeinsam mit angehenden und praktizierenden Pharmazeuten erarbeitet worden. Dieses fundierte Wissen soll nun in die Beratungspraxis einfließen. Demnächst soll ein multimediales Lehrkonzept zur Verfügung gestellt werden. Auch soll es neues Informationsmaterial für Patienten geben, die Apotheken ausgeben können, mit Schwerpunkt auf einer sachgerechten Entsorgung von Altmedikamenten. Da es hierfür bundesweit keine einheitlichen Regeln gibt, finden Verbraucher den richtigen Entsorgungsweg in ihrer Gemeinde über die Website www.arzneimittelentsorgung.de.

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