Artesunat in Europa auf dem Markt |
Annette Rößler |
02.12.2024 13:50 Uhr |
Die häufigste Nebenwirkung in Studien war Anämie. Sehr häufig bis häufig kommt es auch zu einer Retikulozytopenie, also einem Mangel an unreifen Erythrozyten, der sich nach Abschluss der Therapie zurückbildet.
Nach erfolgreicher Behandlung mit Artesunat kommt es sehr häufig zu einer verzögerten Hämolyse (Post-Artesunate-Delayed-Haemolysis, PADH), insbesondere bei Reiserückkehrern ohne vorherige Teilimmunität. Die PADH tritt mindestens sieben Tage, manchmal auch erst mehrere Wochen nach der Therapie auf. Pathophysiologisch kommt die PADH vermutlich dadurch zustande, dass mit Parasiten gefüllte Erythrozyten, die durch die Therapie abgetötet wurden, in die Milz einwandern, wo die Plasmodien aus den Blutzellen entfernt werden. Die solcherart gesäuberten Erythrozyten tauchen danach wieder im Blut auf, sind aber kleiner und kurzlebiger als normale rote Blutkörperchen.
Für Artesunate Amivas sind keine besonderen Lagerungshinweise zu beachten. Vor der Anwendung muss das Medikament mit dem mitgelieferten Lösungsmittel rekonstituiert werden. Die resultierende Lösung enthält Artesunat in einer Konzentration von 10 mg/ml und ist innerhalb von 1,5 Stunden zu verbrauchen.
Bereits seit vielen Jahren ist intravenöses Artesunat der weltweite Standard für die Erstlinientherapie von schwerer Malaria. Studien zeigen, dass die initiale intravenöse Behandlung mit Artesunat bei der Senkung des Sterberisikos hospitalisierter Patienten mit schwerer Malaria wirksamer ist als eine parenterale Behandlung mit Chinin.
Seit November gibt es erstmals ein Medikament mit Artesunat auch in Deutschland. Die Einstufung als Sprunginnovation kommt damit mit gehöriger zeitlicher Verspätung, denn Artesunat ist alles andere als neu und unbekannt. Dennoch ist es wichtig, dass das Medikament auch hierzulande für die initiale Behandlung von schwerer Malaria bei Erwachsenen und Kindern zugelassen und verfügbar ist. Jährlich wird bei etwa 1250 Personen in Europa eine schwere Malaria diagnostiziert. Meistens handelt es sich um Militärangehörige, die in Malaria-Endemigebieten eingesetzt sind oder um zivile Reisende, die von einem Besuch in einer solchen Region zurückkehren.
Seine ganz große Rolle spielt der Wirkstoff Artesunat aber nicht in Europa, sondern auf anderen Kontinenten. Jedes Jahr sterben mehr als 400.000 Menschen an Malaria, wobei die Bevölkerung in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara am stärksten betroffen ist. Zu Recht wurde der Wirkstoff schon vor mehr als 20 Jahren von der WHO in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel aufgenommen.
Sven Siebenand, Chefredakteur