Arbeiten statt auskurieren |
Laura Rudolph |
05.01.2023 16:00 Uhr |
Eine fehlende Vertretung, Gewissensbisse oder sogar Spaß an der Arbeit sind mögliche Gründe, warum Beschäftigte trotz akuter Erkrankung arbeiten gehen. / Foto: Adobe Stock/LIGHTFIELD STUDIOS
Knapp 27 Prozent der Arbeitnehmer arbeiten häufig bis sehr häufig trotz akuter Erkrankung, etwa 58 Prozent zumindest gelegentlich. Das ergab die Studie »Präsentismus in einer zunehmend mobilen Arbeitswelt«, die im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) in Kooperation mit dem Institut für betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) und dem aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen entstand. Auswertungsgrundlage waren Daten einer Befragung von 1233 Beschäftigten im Mai 2022. Von den Befragten arbeiteten etwa zwei Drittel überwiegend im Homeoffice und etwa ein Drittel ausschließlich vor Ort.
Der Studie zufolge gibt es deutliche Unterschiede im sogenannten Präsentismusverhalten hinsichtlich Geschlecht, Alter und Maß der beruflichen Verantwortung. Während knapp die Hälfte der Männer angab, selten oder nie krank zu arbeiten, gab dies nur gut ein Drittel der Frauen an. Auch gehen jüngere Arbeitnehmer häufiger als ältere krank arbeiten: Knapp ein Drittel der Beschäftigten bis 29 Jahre gab an, häufig oder sehr häufig trotz Krankheit zur Arbeit zu gehen. Von den Befragten ab 60 Jahren gaben dies nur 17 Prozent an. Etwa jede fünfte Führungskraft greift nach eigenen Angaben häufig zu Medikamenten, um trotz Erkrankung arbeiten zu können. Von den Beschäftigten ohne Führungsverantwortung gaben dies immerhin 16 Prozent an.
Insbesondere im Homeoffice ist das Arbeiten trotz Erkältung oder Ähnlichem offenbar weit verbreitet: 46 Prozent der Befragten gaben an, dass dies im Homeoffice häufiger vorkäme. 12 Prozent gaben, häufig bis sehr häufig sogar trotz Krankschreibung zu arbeiten. Knapp ein Drittel rettet sich am heimischen Schreibtisch mit Medikamenten über den Arbeitstag.
Doch warum arbeiten Beschäftigte so oft, statt sich auszukurieren? Die Befragten gaben mit als häufigste Gründe an, dass es keine Vertretung gäbe, die Krankheit nicht ansteckend sei, sie den Kollegen nicht mit ihrer Abwesenheit zur Last fallen wollten oder schlichtweg, weil sie Spaß an der Arbeit hätten.
Krank zu arbeiten, helfe trotzdem niemandem, verdeutlicht Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK, in einer Pressemitteilung: »Verzögerte Genesung, eingeschränkte Leistungsfähigkeit, mehr Fehler und Unfälle – und angesteckte Kolleginnen und Kollegen: Das sind nur einige der möglichen Folgen, wenn Beschäftigte krank zur Arbeit gehen.« Wer wirklich krank ist, muss sich auskurieren. Alles andere schade letztlich sowohl den Beschäftigten als auch den Arbeitgebern, so Baas.