Apotheker starten ATHINA-Projekt |
Das ist Interesse am ATHINA-Projekt in Schleswig-Holstein ist groß. / Foto: AK Schleswig-Holstein/Heidi Pönicke
Bei der Begrüßung im Kieler Apothekerhaus zeigte sich Kammerpräsident Dr. Kai Christiansen erfreut über die große Resonanz der Initiative für mehr Patientensicherheit durch Medikationschecks im »Land zwischen Nord- und Ostsee«, die mit einer zweitägigen Schulung begann, bevor es in die Praxisphase gehen soll.
Die im Zusammenschluss zehn anderer Kammern auch bundesweit bereits praktizierte Methode basiert auf dem in den USA schon seit Jahren eingesetzten »Brown-Bag-Review«: In einer sogenannten Arzneimittelsicherheitstüte bringt der Patient all seine Medikamente in die Apotheke. Dort werden die Arzneimittel unter anderem auf Verfallsdaten, Doppelverordnungen, Dosierungen, Einnahmemodalitäten und Wechselwirkungen überprüft. Darauf basierend sucht der Apotheker Optimierungsmöglichkeiten zur Minderung und Meidung unerwünschter Arzneimittelwirkungen.
Der Patient erhält einen aktuellen Medikationsplan zur Rücksprache mit seinem Arzt. So soll nicht nur die Arzneimitteltherapiesicherheit, sondern auch seine Adhärenz gefördert werden. Das ATHINA-Projekt einschließlich Qualifizierung der Apotheker wurde ursprünglich von der Apothekerkammer Nordrhein entwickelt.
Christiansen machte deutlich, dass bei der Schulung und Vorbereitung zum ATHINA-Projekt in Schleswig-Holstein nicht nur das Wissen der Apotheker zur generellen Lösung arzneimittelbezogener Probleme aufgefrischt werden soll. »Diese sollen auch zur Durchführung der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen im Rahmen des kommenden Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetzes (VOASG) fit gemacht werden«, sagte er und zeigte sich überzeugt, dass Medikationsanalysen zur Stärkung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) zu diesen Dienstleistungen zählen werden.
Kammerpräsident Dr. Kai Christiansen freute sich über die große Resonanz zum Projektstart. / Foto: AK Schleswig-Holstein/Heidi Pönicke
Der Kammerpräsident betonte, dass das Verhältnis der Apothekerschaft zu dem von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn initiierten Gesetzes-Vorhaben nach wie vor zwiespältig sei. Die vollständige, von Pharmazeuten als unabdingbar für eine professionelle Arzneimittel-Versorgung erachtete Rx-Gleichpreisigkeit werde nicht erreicht. Doch beginne Politik nun mal mit der Betrachtung der Wirklichkeit. Das Gesetz sei nicht »die beste, aber die zur Zeit bestmögliche Lösung«, sagte Christiansen. Er begrüße es, dass sich die Apothekerkammern und -verbände trotz kontroverser Diskussionen zur Unterstützung des Vorhabens durchgerungen hätten.
»Wir sind auf dem richtigen Weg und sollten den Blick weiter nach vorn richten – zumal auch das VOASG nur eine Zwischenlösung ist«, unterstrich der Kammerpräsident. Allen müsse klar sein, dass die eigentliche Reform zur Konsolidierung der Vor-Ort-Apotheken und somit Gewährleistung der adäquaten Arzneimittel-Versorgung der Bevölkerung noch ausstehe, konstatierte er.
In diesem Zusammenhang sei unter anderem auch die im Rahmen des VOASG geplante Botendienstregelung zu begrüßen. In Kombination mit dem kommenden E-Rezept trage diese Regelung zur Unabhängigkeit der Apotheke vom Standort des Arztes bei und könne somit auch einen Beitrag zur Minderung der fatalen Auswirkungen der Landflucht der Ärzte für die Bevölkerung leisten, sagte Christiansen wie schon kurz zuvor bei der Kammerversammlung in Kiel. Natürlich dürften die damit gleichermaßen verbundenen Risiken nicht ausgeblendet werden, warnte er. So sei mit zahlreichen Versuchen Dritter zu rechnen, die neuen Regelungen auszunutzen, um darauf finanziell lukrative neue Geschäftsmodelle aufzubauen.
Es sei Aufgabe der Kammer, diese Gefahren im Auge zu haben. Doch dürfe daraus »kein Tunnelblick« erwachsen, der die positiven Aspekte der aktuellen Entwicklungen außer Acht lässt. »Unsere Motivation muss sich aus den Möglichkeiten speisen«, unterstrich Christiansen. »Die Stärke der Apotheken ist die Nähe zum Patienten, die auch in einer digitalen Welt im Fokus all unserer Anstrengungen stehen muss. Das ATHINA-Projekt wird uns darin unterstützen«, betonte der Kammerpräsident, der von einem »großen Schritt in die richtige Richtung« sprach.
Ob Interaktionsmanagement und Dokumentation oder Patienten- beziehungsweise Arztansprache: Im Rahmen des zweitägigen Workshops in Kiel schilderten Dr. Alexander Zörner, Munster, und Dr. Gesine Picksak, Hannover, die methodischen und inhaltlichen Voraussetzungen der erfolgreichen Medikationsanalyse.
In der nunmehr folgenden sechsmonatigen Praxisphase werden die Workshop-Teilnehmer vier Medikationsanalysen durchführen und an vier Web-Seminaren teilnehmen. Christansen betonte mit Blick auf das ATHINA-Projekt, dass es sich um ein »kontinuierlich lernendes System« handelt, bei dessen Umsetzung die Teilnehmer auch in Zukunft mit der Unterstützung der ATHINA-Koordinationsstelle unter Federführung von Jutta Clement, Leiterin der Akademie für pharmazeutische Fortbildung und Qualitätssicherung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, rechnen dürfen. Das Interesse der Apotheker in Schleswig-Holstein an dem Projekt sei groß.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.