Apotheker offen für digitale Bestellplattformen |
Medikamente mithilfe digitaler Bestellplattformen versenden – so könnte die Zukunft der Vor-Ort-Apotheken in Deutschland aussehen. / Foto: Getty Images/People Images
Insbesondere die Lebensmittelbranche macht es vor. Einheitliche und einfach gestaltete digitale Bestellplattformen oder Apps, über die der Kunde eintippt, was er sucht, automatisch per Standort die nächstgelegenen Geschäfte angezeigt bekommt und auswählt, wer zu welchem Preis liefern soll, sind bereits seit Jahren auf dem Markt.
So ähnlich stellt sich die Initiative Pro AvO, sprich »pro Apotheke vor Ort«, die Zukunft des deutschen Apothekenmarkts vor. Für das Portal haben sich Sanacorp, Gehe, BD Rowa, Noventi und der Wort & Bild Verlag zusammengeschlossen. Mit nur wenigen Klicks sollen Rezepte per Foto hochgeladen und das Medikament von einer an der Plattform teilnehmenden Apotheke nachhause geliefert werden. Alternativ kann der Kunde die Arznei auch in der Apotheke vor Ort abholen. Insbesondere im Hinblick auf die E-Rezept-Pflicht ab Januar 2022 möchte Peter Menk, Geschäftsführer von Pro AvO, die rund 19.000 Apotheken in Deutschland mit ins Boot holen. Mit jeweils eigenem Webshop sollen sie flächendeckend Apothekenversandriesen wie beispielsweise Doc Morris die Stirn bieten. Doch wie sieht die Bereitschaft der Apotheker aus, bei einer solchen Plattform mitzumachen?
Die Studie »Lieferando für Medikamente« der Unternehmensberatung bench-breaking.com beleuchtet unter anderem genau diese Frage und gibt gleichzeitig einen Überblick über den Status quo der Belieferungssituation. Insgesamt haben an der Befragung 219 Apotheker im Zeitraum vom 28. April bis zum 05. Mai 2020 teilgenommen.
Die große Mehrheit der Offizinen liefert bereits heute Medikamente per Botendienst aus (96 Prozent). Fast zwei Drittel aller Apotheken stellen täglich zwischen fünf und 15 Bestellungen zu, 12 Prozent sogar mehr als 40. Dies hat sich während der Coronavirus-Krise tendenziell verstärkt: Demnach liefern 85 Prozent der Befragten seit Beginn der Krise vermehrt Bestellungen aus.
Einer digitalen Bestellplattform würde sich die große Mehrheit der Apotheker anschließen (85 Prozent). Als Hauptgrund nennen sie die Sicherung des Vor-Ort-Umsatzes, vor allem um erfolgreich gegen Versandapotheken konkurrieren zu können (87 Prozent). Zudem möchten die Apotheken die Kundenzufriedenheit durch das Angebot digitaler Bestell- und Liefermöglichkeiten steigern (82 Prozent).
Die Studie befragte die Apotheker nicht nur ob sie bereit wären digital aufzurüsten, sondern auch zu ihrer Leistungsfähigkeit, Medikamente mithilfe eines Online-Portals versenden zu können. Selbst bei einer deutlich erhöhten Nachfrage, beispielsweise einer Verdoppelung des Bestellvolumens, sehen sich 81 Prozent der Befragten in der Lage, diese sofort zu bedienen. Mehr als die Hälfte der Apotheker könnten am selben Tag ausliefern, sogar bei Bestellungen die spätestens zwischen 15 und 17 Uhr erfolgen. Wichtig ist den Apotheken, dass dabei der eigene Botendienst genutzt wird.
Eine Mitgliedschaft bei digitalen Bestellplattformen wird meist im Abonnement abgeschlossen, ein monatliches Entgelt wäre damit für die Offizinen fällig. Maximal 150 Euro pro Monat sind 94 Prozent der Befragten bereit zu bezahlen. Bei der Vergabe eines exklusiven Liefergebiets erhöht sich die Preisbereitschaft der Apotheker. 40 Prozent der Befragten sehen einen Vorteil der Teilnahme bei einem zusätzlichen monatlichen Umsatzvolumen von 900 bis 1.800 Euro. Für die große Mehrheit müsste der Umsatz jedoch deutlich höher sein: Bei 6.000 bis 9.000 Euro Umsatz sehen 74 Prozent der Apotheker einen Vorteil in der Teilnahme. Für die Abrechnung bevorzugen die meisten (69 Prozent) ein erfolgsbasiertes Vergütungsmodell, das einen Fixbetrag je Bestellung beinhaltet. Eine monatliche Pauschale wird tendenziell abgelehnt.
Bei Pro AvO können sich Apotheken bereits registrieren, der Start der Plattform steht aber noch nicht fest. 57 Prozent aus der Studie würden sich für Pro AvO entscheiden. Doch bereits heute gibt es einige andere Bestellportale. Doc.Green ist dieses Jahr ebenfalls in Kooperation mit Vor-Ort-Apotheken gestartet. Bei Ihre Apotheken (Noweda) nehmen rund 9.500 Apotheken teil. Per App können Medikamente auch bei Deine Apotheke (Phoenix) bestellt werden, 4.500 Apotheken sind deutschlandweit Mitglied.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.