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Corona-Quarantäne

Apotheken versorgen Tönnies-Mitarbeiter jetzt per Botendienst

Nachdem die Apotheken im Kreis Gütersloh kurzerhand am Wochenende die Patienten des Corona-Behandlungszentrums beim Fleischfabrikanten Tönnies mit einer Pop-up-Apotheke versorgt haben, haben sie nun eine dezentrale Versorgung über spezielle Botendienste auf die Beine gestellt. 
PZ
24.06.2020  09:00 Uhr

»Damit stellen wir sicher, dass Covid-19-Patienten und deren Angehörige zu Hause mit ihren Arzneimitteln versorgt werden und keine Apotheke aufsuchen müssen«, erklärt Apothekerin Claudia Scherrer in einer Pressemitteilung der zuständigen Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL).

Die Kreisvertrauensapothekerin für Gütersloh hatte gemeinsam mit zwei Kollegen aus anderen Apotheken die erste provisorische Akutversorgung von Freitag bis Montag auf dem Werksgelände organisiert. So konnte den Betroffenen am Wochenende direkt und unbürokratisch geholfen werden, die Pop-up-Apotheke taugte aber aus praktischen und rechtlichen Gründen nicht als Dauerlösung. Jetzt haben sich die Apotheken im Kreis Gütersloh eine gemeinsame Lösung für die weitere Versorgung per dezentralem Botendienst erarbeitet.

»Damit werden auch der persönliche Kontakt und eine mögliche Infektion anderer Nicht-Corona-Patienten, welche ihre Apotheke vor Ort aufsuchen, verhindert«, betont Scherrer. »Außerdem dient dies zum Schutz der Mitarbeitenden in den Apotheken. So werden Infektionen und Corona-bedingte Apotheken-Schließungen vermieden. Auf diese Weise können wir die flächendeckende Versorgung rund um die Uhr aufrechterhalten.«

Besondere Form von Botendienst

Eine eigens entwickelte Versorgungsroutine stelle sicher, dass auch der Apotheken-Bote sich möglichst nicht infiziert: Das Rezept wird an die jeweils zur Verfügung stehende Apotheke im Wohnort des Patienten versandt – Handynummer des Patienten inklusive. Der Bote, ausgestattet mit Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln, stellt das Arzneimittel in einer Tüte vor die Haustür, entfernt sich von dieser und ruft den Patienten an. Nun hat der Patient oder ein Angehöriger drei Minuten Zeit, um die Arzneimittel in Empfang zu nehmen. Geschieht das nicht, nimmt der Bote die Lieferung wieder mit.

Apothekerin Scherrer betont, dass dieses Verfahren ausschließlich für die Patienten aus dem Corona-Behandlungszentrum in Rheda-Wiedenbrück auf dem Tönnies-Werksgelände vorgesehen ist. Die Patienten werden vor der Belieferung über das gesamte Verfahren in ihrer Muttersprache per Dolmetscher aufgeklärt.

Alle anderen Patienten sollen wie gehabt ihre Apotheke vor Ort aufsuchen, aber bei Verdacht auf eine Coronavirus-Infektion die Apotheke vorher kontaktieren. »Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass Apotheker in diesen Fällen kreative Lösungen für eine kontaktlose Abgabe der Arzneimittel finden: Von der Notdienstklappe über ein Treffen an der frischen Luft bis zum Botendienst, der gerade seit Beginn der Pandemie von immer mehr Patienten in Anspruch genommen wird«, erläutert Scherrer. Die dezentrale Versorgung biete Sicherheit und Infektionsschutz und habe sich im Apothekenwesen lange bewährt.

Anders in der Fleischindustrie: »Hätten wir viele kleine dezentrale Schlachtbetriebe in den Händen von Selbstständigen und nicht wenige große in den Händen von Wenigen, hätten wir das aktuelle Problem wahrscheinlich nicht«, kommentiert die Apothekerin.

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