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Mondlandung vor 50 Jahren

Ansporn für die Forschung

»Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein riesiger Sprung für die Menschheit.« Dieser Satz von Neil Armstrong, der als erster Mensch den Mond betrat, hat sich tief in unser kulturelles Gedächtnis eingegraben.
Hannelore Gießen
09.07.2019  11:00 Uhr

Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins waren an Bord der Apollo 11, die am 20. Juli 1969 (MEZ: 21. Juli) auf dem Mond landete. Im NASA-Kontrollzentrum saß damals Charles Moss Duke und hielt Kontakt zu den Mondfahrern. Jetzt war der 83-jährige Astronaut zu Besuch im Deutschen Museum in München und berichtete von seinen Erfahrungen als Mitglied des Bodenpersonals. Duke hatte damals direkten Kontakt zu den drei Astronauten, die 384 400 Kilometer von der Erde entfernt waren.

Es waren dramatische Momente: »Erst hatten wir Probleme mit der Kommunikation. Dann hatten wir Probleme mit dem Computer und dann Probleme mit der Flugbahn, so dass ein anderer Landeplatz angesteuert werden musste. Schließlich wurde auch noch der Treibstoff knapp«, berichtet der Astronaut. Die glückliche Landung hing an einem seidenen Faden. »Eigentlich müssten wir alle blau im Gesicht gewesen sein, so sehr haben wir den Atem angehalten«, erinnert sich Duke an die beklemmende Stille im Nasa-Kontrollzentrum. Die ungeheure Spannung löste sich erst, als Neil Armstrong meldete: »Houston, the Eagle has landed«. Sechs Stunden nach der Landung – in Deutschland war es bereits der 21. Juli – kletterte Armstrong aus der Mondfähre, stieg die Leiter hinab und betrat den Mond. Er hisste die amerikanische Flagge und verneigte sich – Bilder, die um die Welt gingen.

Er und Aldrin, der als zweiter die Mondoberfläche betrat, kehrten nach 21 Stunden zur Landefähre zurück – mit 22 Kilogramm Gesteins­brocken und Staub im Gepäck. Collins blieb in der Kommandokapsel von Apollo 11 und umkreiste den Mond.

Drei Jahre später saß Duke selbst an Bord der Apollo-16-Mission. Mit damals 36 Jahren war er der bis dahin jüngste Astronaut auf dem Mond und der zehnte Mensch, der den Erdtrabanten betrat. Zusammen mit Kommandant John Watts Young landete er im April 1972 im zentralen Mondhochland. Bei drei ausgedehnten Exkursionen führten Young und Duke zahlreiche Experimente aus. Die geologischen Untersuchungen bei Apollo 16 brachten neue Erkenntnisse über die Zusammensetzung des Mondgesteins, die das Bild von der Geschichte des Erdtrabanten veränderten. Die Analyse der Proben gab Aufschluss über Alter und Oberflächenstruktur des Mondes und bestätigte die Annahme, dass es auf ihm kein Leben gibt. Das Mondgestein ist fast genauso beschaffen wie das Gestein des Erdmantels und das Innere besteht aus einem Eisenkern. Vermutlich ist der Mond aus dem Einschlag eines Himmelskörpers in die Ur-Erde entstanden.

Weniger leistungsfähig nach Rückkehr

Überwältigt von dem imposanten Eindruck beim Betreten des Erdtrabanten, sprangen die Astronauten von Apollo 16 übermütig in großen Schritten über die Mondoberfläche. Dabei geriet Duke ins Straucheln, und sein 75 Kilogramm schwerer Rucksack brachte ihn aus der Balance. Beinahe wäre er auf den Rücken gefallen, was auf dem Mond lebensgefährlich sein kann, denn ohne Schwerkraft und im Raumanzug hätte er sich aus eigener Kraft nicht wieder aufrichten können. »Im letzten Moment gelang es mir, mich auf die Seite zu werfen«, erinnert sich Duke. Ihre »Mond-Olympiade« beendeten die Astronauten abrupt – sie wurde jedoch von der Kamera für die Nachwelt eingefangen.

Knapp 72 Stunden waren die beiden Astronauten auf dem Erdtrabanten. Das Wissen um den Einfluss von Schwerelosigkeit und der völlig anderen Lebensbedingungen auf die menschliche Gesundheit war damals noch gering. »Nach meiner Rückkehr auf die Erde haben mich die Ärzte sofort untersucht und eine verminderte Knochendichte sowie einen Verlust an verschiedenen Mineralien festgestellt, vor allem an Kalium«, sagt Duke gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung. Belastungstests hatten gezeigt, dass der Astronaut noch etwa 80 Prozent seiner vorherigen Leistungsfähigkeit aufwies. Sämtliche Befunde hätten sich bald normalisiert, jedoch benötigten Astronauten in den Anfängen der Weltraumfahrt oft Wochen, um sich vollständig zu erholen, fährt Duke fort. Heute seien die Trainings- und Ernährungsprogramme vor, während und nach dem Aufenthalt im All so ausgefeilt, dass die Erholungsphasen deutlich kürzer verliefen.

Inzwischen hat die Weltraummedizin mit dem Aufenthalt im All deutlich mehr Erfahrung. Einige Astronauten, wie die Besatzung der Internationalen Raumstation ISS bleiben wochenlang im Weltall und durchlaufen dort täglich einen medizinischen Check.

Raumfahrt und Altersmedizin

Erkenntnisse, die dabei gewonnen werden, sind nicht nur für die Weltraumforschung wichtig, sondern auch für die irdische Medizin. Sind doch Erkrankungen, die bei der Raumfahrt im Fokus stehen, vergleichbar mit den Problemen des alternden Menschen. Stationäre Patienten in Kliniken, aber auch hochbetagte Menschen verbringen oft lange Zeit im Liegen. Die Forschungsergebnisse, die in Bettruhestudien für die Weltraummedizin gewonnen werden, können direkt auf diese Patienten übertragen werden. Wie wichtig ein regelmäßiges Krafttraining ist, um einem Muskelabbau entgegenzuwirken, ist eines der Ergebnisse der Weltraumforschung. Diese Erkenntnisse werden bei Osteoporosepatienten und in der Rehabilitation eingesetzt.

Die Herausforderung der Flüge ins Weltall habe die Medizin deutlich inspiriert, unterstrich Duke. Auch Nachrichtentechnik, Informatik und Kommunikationstechnologie seien in den siebziger- und achtziger-Jahren geradezu aufgeblüht. »Die Raumfahrt und speziell die Mondmissionen waren eine sehr gute Investition, auch für die Wirtschaft«, ist sich der Astonaut sicher.

Die erste Mondlandung am 20. Juli 1969 hat viele Wissenschaftsbereiche verändert, aber auch den Blick auf die Welt. Die Flüge zum Mond haben den Menschen auf seinen kosmisch peripheren Platz verwiesen und die Schönheit, aber auch die Zerbrechlichkeit der Erde offenbart. Wie fragil und gefährdet unser Heimatplanet ist, wird heute immer mehr, vor allem jungen Menschen bewusst, die mit Nachdruck einen konsequenten Umweltschutz und ein Umsteuern in der Energiepolitik fordern.

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