Ärztevertreter reagieren mit Kritik und versteckten Drohungen |
Diese Woche starten die Vor-Ort-Apotheken mit Covid-19-Impfungen. Dies gefällt aber nicht allen Ärzten. / Foto: Imago Images/Sven Simon
In dieser Woche werden erstmalig Apotheken in ganz Deutschland Covid-19-Impfungen anbieten. Rund 500 Apotheken haben insgesamt rund 25.000 Dosen Covid-19-Impfstoff für eigene Impfungen bestellt und werden ab Dienstag mit den Impfungen starten. Allerdings stoßen sie damit erneut auf Kritik vonseiten der Ärzteschaft. Der Landesvorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbands, Markus Beier, sieht die impfenden Apotheken etwa als »ein weiteres Zeichen der politischen Missachtung gegenüber niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und ihrer Praxisteams«. Diese hätten bis dato alleine in Bayern mehr als 11 Millionen Covid-19-Impfungen verabreicht, so Beier in einer Mitteilung des Verbands vom Montag.
»Wir haben bisher nur Phasen des starken Impfstoffmangels und Phasen eines deutlichen Überangebots an Impfmöglichkeiten erlebt. In beiden Situationen ergeben zusätzliche Impfstellen keinen Sinn«, kritisierte er weiter. »Vielmehr wird die gute Versorgung der Menschen in diesem Land abermals durchgeschüttelt durch politischen Aktionismus ohne nachhaltige Strategie – unter Inkaufnahme unnötiger Risiken.« Die Auswirkungen auf das Zusammenspiel von Apotheken und Praxen wiege in seinen Augen schwer. Zwar gab es bisher eine »ganz hervorragende Zusammenarbeit zwischen Praxen und Apotheken bei der gemeinsamen Versorgung zu Gunsten der Menschen«. Allerdings kündigte er auch an, dass dort, wo Apotheken ohne Nachweis der ärztlichen Heilkunde zu impfen beginnen, werden die Praxen vor Ort hinterfragen müssen, ob an dieser Stelle eine vertrauensvolle Zusammenarbeit überhaupt noch möglich sei.
Beier fügte hinzu: »Mit dem Projekt des E-Rezepts eröffnen sich schließlich demnächst auch ganz andere Möglichkeiten ….«. Was er damit genau meint, bleibt offen. Denkbar ist jedoch, dass Beier darauf anspielt, dass sich mit der E-Rezept-Einführung der Rx-Marktanteil der Versandhandelskonzerne vergrößern könnte. Dass die Hausärzteverbände einer Kooperation auch mit ausländischen Versandkonzernen grundsätzlich nicht abgeneigt sind, hat auch der westfälische Hausärzteverband schon bewiesen. Die Hausärzte hatten etwa bereits 2019 mit der niederländischen Versandapotheke Doc Morris kooperiert, um die digitale Rezeptübermittlung zu testen.
Auch der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, hat die Covid-19-Impfungen in Apotheken gegenüber der Deutschen Presse-Agentur als nicht zielführend beurteilt. Aktuell gebe es keinen Mangel an Impfmöglichkeiten, sondern vielmehr ein Überangebot, sagte der Mediziner. In seinen Augen brauche es dafür nicht mehr Impfstellen. »Es ist nicht zu erwarten, dass diese Maßnahme die Impfkampagne ankurbelt.«
Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin hält die Beteiligung der Apotheken an der Impfkampagne ebenfalls für falsch. »Apotheken haben nicht die Qualitätsstandards, die für das Impfen benötigt werden«, kritisierte der Vorstandsvorsitzende der KV Berlin, Burkhard Ruppert, am Montag gegenüber der Deutschen-Presse-Agentur. Hierzulande gebe es seit Jahrzehnten eine klare Arbeitsteilung zwischen Arztpraxen und Apotheken »und das sollte auch so bleiben«, betonte Ruppert. In Berlin werden diese Woche laut dem Berliner Apothekerverein nur einzelne Apotheken mit den Impfungen starten. Der BAV erklärte zudem, dass es sich hierbei um ein zusätzliches Angebot für diejenigen handle, die nicht zum Arzt gingen.
In Nordrhein sind die Hausärzte ebenfalls empört, heißt es in einer Mitteilung des Hausärzteverbands Nordrhein vom Freitag. Der Vorsitzende des Hausärzteverbands Oliver Funken warnte etwa vor Impfungen in Apotheken, und betonte, dass Impfungen die Aufgabe des Hausarztes sei. Er kenne die medizinische Vorgeschichte und die Lebensumstände am besten, so Funken.
Dass die Apotheken zunächst gegen Grippe im Rahmen von Modellprojekten und nun auch befristet gegen Covid-19 impfen dürfen, ist der Ärzteschaft schon länger ein Dorn im Auge. So haben Mediziner vergangenes Jahr deshalb beispielsweise eine Petition für ein ärztliches Dispensierrecht angekündigt. Auch der Deutsche Ärztetag hatte Ende 2021 ein Dispensierrecht im Notfall gefordert.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.