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Apotheken-Stärkungsgesetz

Ärzte trauen Apothekern nicht

Ob Wiederholungsrezepte, zusätzliche pharmazeutische Dienstleistungen oder impfende Apotheker: Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) lehnt den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken in weiten Teilen ab.
Christina Müller
07.05.2019  14:08 Uhr

In einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme lässt die KBV kein gutes Haar am Referentenentwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Zwar begrüßen die Ärzte die Absicht, die flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch ortsnahe Apotheken zu stärken. Die geplanten Schritte halten sie jedoch für nicht geeignet, dieses Ziel zu erreichen.

Die Einführung sogenannter Wiederholungsrezepte, die Apotheker innerhalb eines Jahres bis zu dreimal zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) beliefern dürfen, lehnt die KBV »aus Gründen der Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit ab«. Im Verlauf eines Jahres könne es etwa durch ungeplante Krankenhausaufenthalte oder das Auftreten weiterer Erkrankungen nötig werden, die Medikation anzupassen. Bereits ausgestellte Wiederholungsverordnungen bergen aus Sicht der Ärzte die Gefahr, dass Versicherte »trotz einer entsprechenden Notwendigkeit die Risiken falsch einschätzen, ihren Arzt nicht erneut aufsuchen und damit nicht mehr adäquate, gegebenenfalls sogar die Sicherheit gefährdende Arzneimitteltherapien fortführen«.

Medikationsmanagement erfordert ärztliche Expertise

Auch von einer Honorierung zusätzlicher pharmazeutischer Dienstleistungen halten die Mediziner nichts. Um die Medikationsanalyse und das -management zu sinnvollen Instrumenten zu entwickeln, brauche es eine klare Aufgabenteilung zwischen Ärzten und Apothekern. Solche Vorgaben fehlten jedoch im Entwurf aus dem Hause Spahn. Zudem setze die Mehrzahl der Aufgaben bei Medikationsanalyse und -management »ärztliche Expertise sowie ärztliche Kenntnisse voraus, über die der Apotheker nicht verfügt«. Die Offizinen hätten nur rudimentäre Informationen zu den Vor- und Begleiterkrankungen des Versicherten. Kenntnisse über klinische oder laborchemische Befunde, die der Wirkstoffauswahl möglicherweise zugrunde liegen, fehlten gänzlich. »Ohne diese Kenntnisse und die zur Beurteilung notwendige ärztliche Expertise ist eine sinnvolle Interpretation und Einordnung der Arzneimitteltherapie der Versicherten jedoch nicht möglich.«

Dass die Ärzte sich mit den geplanten Modellprojekten zur Grippeimpfung in den Apotheken nicht anfreunden können, hatten sie bereits unmittelbar nach der Veröffentlichung des Entwurfs deutlich gemacht. Die KBV bekräftigt nun noch einmal die Position der Ärzteschaft: »Das in Deutschland bestehende hohe Qualitätsniveau von Impfleistungen darf nicht durch die angedachten Modellvorhaben abgesenkt werden«, schreibt sie. Das Impfen sei nicht ohne Grund eine originär ärztliche Aufgabe. Die Impfung beinhalte nicht nur die Injektion an sich, sondern umfasse zusätzlich unter anderem die Anamnese und die Aufklärung zur Impfung, den Ausschluss von akuten Erkrankungen und Kontraindikationen sowie bei bestehenden Erkrankungen die Bewertung, ob eine Impfung möglich ist.

Auch der Umgang mit eventuell auftretenden Komplikationen erfordere eine ärztliche Aus- und Weiterbildung, über die der Apotheker nicht verfüge. »Eine einmalige theoretische ärztliche Schulung der Apotheker, die im auftretenden Notfall dann gegebenenfalls schon Monate zurückliegt, ist aus Sicht der KBV keinesfalls ausreichend, die im Zusammenhang mit einer Impfung zu bewältigenden komplexen Aufgaben mit hinreichender Qualität durchzuführen.« Die vorgesehene Neuregelung trage nicht dazu bei, die Versorgung der Versicherten zu verbessern. Vielmehr bestehe die Gefahr, dass damit »eine Gefährdung des Patientenwohls« einhergehe.

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