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Nach »Mini-Schlaganfall«

Ärzte empfehlen ASS plus Clopidogrel

Bislang werden Patienten nach einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) oder leichtem ischämischem Schlaganfall zur Prophylaxe eines weiteren Hirninfarkts mit Acetylsalicylsäure (ASS) behandelt. Die Fachgesellschaften empfehlen nun aufgrund neuer Studienergebnisse, zusätzlich für eine begrenzte Zeit Clopidogrel einzunehmen.
Daniela Hüttemann
16.01.2019  14:56 Uhr

Derzeitige Praxis ist, dass Patienten nach einer TIA oder einem leichten ischämischen Schlaganfall nur mit einem Thrombozytenaggregations-Hemmer, in der Regel ASS, behandelt werden, um das Risiko für einen weiteren Schlaganfall zu senken. Im Dezember empfahlen internationale Experten im »British Medical Journal«, einen zweiten TAH hinzuzunehmen. Denn »doppelt hält besser«, hatten Studienergebnisse nahegelegt. Dieser Empfehlung schließen sich nun die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) an.

Etwa neun von zehn Schlaganfällen sind ischämischer Natur, erklären die Fachgesellschaften. Sie werden auch als Hirninfarkte bezeichnet. Dabei kommt es durch den Verschluss oder die Verengung eines hirnversorgenden Blutgefäßes mit einem Blutgerinnsel zur Minderversorgung eines Hirnareals mit Sauerstoff und Nährstoffen. Infolgedessen kann es zu neurologischen Ausfällen wie etwa Sprachstörungen, Schwindel oder Lähmungserscheinungen kommen.

Wenn solche Ereignisse auftreten, sei es entscheidend, die Blutgerinnsel mit Medikamenten möglichst schnell aufzulösen und eine weitere Verklumpung von Blutplättchen zu verhindern. Dann besteht eine Chance, dass sich die Ausfallerscheinungen zurückbilden, bei einer TIA sogar innerhalb von 24 Stunden. »Diese Ereignisse sind in der Regel gut behandelbar. Doch das Risiko für einen zweiten schweren Schlaganfall ist bei den Betroffenen als hoch einzustufen«, so Professor Dr. Hans-Christoph Diener aus Essen, Pressesprecher der DGN. »Die Vorbeugung ist daher gerade bei diesen Patienten, die vermeintlich gut weggekommen sind, von besonders großer Bedeutung.«

Risikoreduktion um 25 Prozent

Ein internationales Expertenteam hatte im Dezember die duale Plättchenhemmung mit ASS und Clopidogrel in einem solchen Fall empfohlen. »Diese Kombinationstherapie sollte mindestens 24 Stunden nach dem Einsetzen der ersten Schlaganfallsymptome erfolgen und über 10 bis 21 Tage andauern«, sagt Professor Dr. Armin Grau, Erster Vorsitzender der DSG und Direktor der Neurologischen Klinik am Klinikum Ludwigshafen.

Grundlage für die neue Empfehlung sind die Ergebnisse der POINT-Studie, die im Juli 2018 im »New England Journal of Medicine« veröffentlicht wurden. Daran nahmen weltweit 4881 Patienten teil, die nach TIA oder leichtem ischämischem Schlaganfall entweder wie üblich ASS allein beziehungsweise plus Placebo erhielten oder ASS plus Clopidogrel (50 bis 325 mg ASS täglich plus 75 mg Clopidogrel täglich).

Größere ischämische Ereignisse gab esin den folgenden drei Monaten bei 5,0 Prozent der Patienten unter dualer Plättchenhemmung und bei 6,5 Prozent der Probanden unter ASS plus Placebo (Hazard Ratio 0,75). Die meisten dieser Folge-Schlaganfälle traten innerhalb von einer Woche nach dem ersten Ereignis auf. Zu schweren Blutungen als Nebenwirkung kam es bei 0,9 Prozent der Patienten unter ASS plus Clopidogrel  gegenüber 0,4 Prozent unter ASS plus Placebo (Hazard Ratio 2,32). Die Studie wurde aufgrund der überlegenen Ergebnisse unter Kombitherapie frühzeitig abgebrochen.

»Die unterschiedlichen Wirkmechanismen scheinen sich zu addieren«, kommentiert DGN-Pressesprecher Diener. Mit 25 Prozent sei die Risikoreduktion unter der Kombinationstherapie signifikant gewesen. »Im Klartext heißt das, dass durch die kombinierte Einnahme von Aspirin und Clopidrogrel deutlich mehr Folge-Schlaganfälle verhindert werden können, und zwar bei vertretbaren Risiken wie einem leicht erhöhten Blutungsrisiko«, so der DSG-Vorsitzende Grau. Die Empfehlung werde in Kürze Eingang in die Leitlinie Sekundärprävention des Schlaganfalls der DGN finden. »Zwischenzeitlich schließen wir uns der BMJ-Praxisempfehlung an«, betont Diener.

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