Ärger über Bestelldeckel trübt Rekorde bei Impfungen |
Cornelia Dölger |
30.11.2021 11:30 Uhr |
Begehrtes Gut: Viele Menschen wollen den Appellen von Politik und Wissenschaft folgen, sich impfen zu lassen. Doch Impfstoff ist nicht immer ausreichend vorhanden. / Foto: Imago Images/Sven Simon
Wer den eindringlichen Appellen von Politik und Wissenschaft folgen will, sich gegen das Coronavirus zu impfen oder seine Impfung auffrischen zu lassen, muss derzeit damit rechnen, dass der Impfstoff in Arztpraxen, eilig reaktivierten Impfzentren oder bei mobilen Impfteams allzu schnell zur Neige geht. Groß ist der Andrang, begrenzt allerdings die Impfstoffmenge, zumindest beim begehrten Vakzin aus dem Hause Biontech. Der Bestelldeckel für Comirnaty® ärgert dabei nicht nur Ärzte – auch Apotheken, die Arztpraxen und Impfzentren mit den Vakzinen versorgen, kritisieren, dass der pharmazeutische Großhandel derzeit deutlich weniger Impfstoffe erhält, als seitens des Bundesgesundheitsministeriums zugesagt wurden. Dadurch kämen auch weniger Impfstoffe bei vielen Apotheken an, heißt es in einer Mitteilung des niedersächsischen Apothekerverbands. Verbandschef Berend Groeneveld betonte: »Es darf nicht sein, dass mitten in der vierten Welle die Menge an Impfstoffdosen, die bestellt werden, nicht lieferbar sind. Hier muss die Politik klar nachbessern, damit die bundesweite Impfkampagne nicht ins Stocken gerät!«
Das Mainzer Unternehmen Biontech reagierte bereits und will laut Nachrichtenagentur dpa dem Bund in dieser Woche 5,8 Millionen statt der vorgesehenen 2,9 Millionen Impfdosen zur Verfügung stellen – ein satter Nachschub für die Lagerbestände des Bundes. Auf die verweist auch der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (Phagro); die Grossisten hätten zwar in der vergangenen Woche (KW 47) sieben Millionen Impfdosen und damit so viele wie nie zuvor ausgeliefert, heißt es in einer Mitteilung. Allerdings betonte der Phagro-Vorsitzende André Blümel: »Wir können nur ausliefern, was der Bund zur Verfügung stellt.« Die Großhändler lieferten Comirnaty sowie Spikevax® (Moderna) in der gesamten verfügbaren Menge »bis zur letzten Dose aus«, erklärte Blümel. Weil aber die Bestellungen die vom Bund bereitgestellte Menge überschritten, kämen die Großhändler um Kontingentierungen nicht herum.
Auch in Arztpraxen kommt es beim Impfstoff immer wieder zu Engpässen; viele erhalten deutlich weniger Vakzine, als sie bestellen. Dessen ungeachtet, meldet das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) für die vergangene Woche Impfzahlen auf Rekordniveau. Demnach war KW47 mit 3.161.348 Corona-Impfungen »die zweitbeste Impfwoche aller Zeiten in den Arztpraxen«, wie das ZI mitteilte. Noch stärker war demnach nur KW 23 mit 3.381.058 Schutzimpfungen. Damit sei das Niveau der Spitzenzeiten im Sommer wieder erreicht, heißt es. Ein Schwerpunkt liege nach wie vor auf den Booster-Impfungen; sie machten etwa 80 Prozent aller Covid-19-Impfungen aus. Seit Anfang November sei aber auch ein Anstieg bei den Erstimpfungen zu erkennen, erklärte das ZI (siehe Grafik unten).
Der ZI-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried forderte: »Das Gebot der Stunde ist jetzt, dass der Impfstoffnachschub in die Praxen ungehindert fließen kann. Nicht kleckern, sondern klotzen, muss jetzt das Motto sein!« Insgesamt habe sich das Impftempo bei den Drittimpfungen deutlich beschleunigt. Wenn die Ärzte »in diesem Tempo weitermachen«, könnten bis Weihnachten 22 Millionen Menschen eine Corona-Auffrischungsimpfung erhalten haben, so von Stillfried. Um den Andrang in Arztpraxen und Impfzentren zu stemmen, wird derzeit darüber diskutiert, mehr Helfer in die Impfkampagne mit einzubeziehen; auch Apotheken werden für Booster-Impfungen immer öfter ins Spiel gebracht.
Foto: ZI
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.