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Berufungsverfahren OLG Karlsruhe

Abgabeautomat ist wettbewerbswidrig

Die behördlich und gerichtlich angeordnete Schließung des Arzneimittelautomaten im badischen Hüffenhardt ist rechtens. Das haben heute die Richter des Oberlandesgerichts Karlsruhe in zweiter Instanz entschieden und wiesen damit die Berufung von Doc Morris zurück.
Elke Wolf
29.05.2019  12:08 Uhr

Mehr als zwei Jahre ist es bereits her, dass der europaweit tätige Arzneimittelversender Doc Morris in Hüffenhardt einen Abgabeautomaten mit »pharmazeutischer Videoberatung« betrieben hat. Doch bereits kurz nach der Eröffnung im April 2017 war mit dieser Art der Arzneimittelabgabe schon wieder Schluss. Das Landgericht Mosbach hatte sowohl Doc Morris als auch der Mieterin der Räumlichkeiten Taminis, einer Schwestergesellschaft von Doc Morris, den Betrieb dieses Apothekenautomaten untersagt. Der niederländische Versandhändler erkannte die gerichtlichen Verbote jedoch nicht an und legte Berufung ein. Sechs Verfahren wurden daher vom Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe neu aufgerollt.

In vier Verfahren haben heute die Richter in Karlsruhe die Berufungen gegen Urteile des Landgerichts Mosbach zurückgewiesen und die Schließung des Abgabeautomaten in Hüffenhardt bestätigt. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Gleichwohl ist eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung beim Bundesgerichtshof grundsätzlich möglich. Die Urteilsverkündung der beiden anderen Verfahren haben die Karlsruher Richter auf den 26. Juni verlegt, weil die Schlussberatung nach Angaben des Gerichts aus terminlichen Gründen noch nicht möglich war.

Kein Versandhandel

Die zentrale Frage des Berufungsverfahrens: Betreibt Doc Morris mit seinem Abgabeautomaten eine Spielart des Versandhandels? Der Erörterung haben sich die Karlsruher Richter in der öffentlichen Anhörung Mitte April viel Zeit genommen und kamen heute zu einem Urteil: Sie teilen die Ansicht von Doc Morris nicht, dass es sich bei der Verbringung der Arzneimittel von einer niederländischen Apotheke zum Lager in Hüffenhardt um einen erlaubten »antizipierten« Versandhandel handelt. Die Richter führten aus, dass es keinen »Versand an den Endverbraucher von einer Apotheke« (§ 73 Abs. 1 Nr. 1 a Arzneimittelgesetz) darstellt, wenn die Arzneimittel zunächst ohne konkrete Bestellung in Hüffenhardt gelagert und dann auf Kundenwunsch abgegeben werden. Ein Versandhandel setze eine Bestellung des Endverbrauchers zeitlich vor der Bereitstellung, Verpackung und Absendung des Arzneimittels voraus.

Prüf- und Dokumentationspflichten verletzt

Die Richter bestätigten zudem die Verurteilung zur Unterlassung wegen Verstoßes gegen Prüf- und Dokumentationspflichten bei der Bearbeitung von Rezepten und der Abgabe der Arzneimittel an Endverbraucher. Die per Video erfolgenden Kontrollen und die erst nach Verbringung der Rezepte in die Niederlande vorgenommenen Vermerke genügten nicht den Vorschriften der deutschen Apothekenbetriebsordnung. So sei unter anderem nicht gewährleistet, dass etwaige Änderungen auf der Verschreibung unmittelbar bei Abgabe des Arzneimittels vermerkt werden.

Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg zeigte sich zufrieden, dass die Berufungsinstanz in Karlsruhe das erstinstanzliche Urteil bestätigt hat und damit dem Versuch von Doc Morris, sich mit dem Abgabekonstrukt in Hüffenhardt Wettbewerbsvorteile auf Kosten der Arzneimittelsicherheit zu verschaffen, einen Riegel vorschiebt.

 

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