ABDA sieht Apotheken faktisch vom Impfen ausgeschlossen |
Cornelia Dölger |
27.03.2023 14:30 Uhr |
Ab dem 8. April gehen Covid-19-Schutzimpfungen in die Regelversorgung über. Die Apotheken sehen sich dabei weitgehend ausgeschlossen. / Foto: Imago Images/Sven Simon
Um Ostern herum gibt es in diesem Jahr grundlegende Änderungen bei Coronavirus-Schutzimpfungen. Sobald nämlich am 7. April die Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) ausgelaufen ist, gehen die Impfungen in die reguläre Gesundheitsversorgung über, anders gesagt: Bei der Finanzierung der Impfungen ist der Staat ab diesem Datum raus. Am 8. April tritt die Schutzimpfungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in Kraft, die dann maßgeblich für die von den Krankenkassen zu übernehmenden Impfleistungen hinsichtlich Covid-19 ist. Damit verkleinert sich der Kreis der anspruchsberechtigten Impfwilligen deutlich. Ausschlaggebend für eine solche Berechtigung sind demnach dann etwa das Alter, mögliche Vorerkrankungen oder eine berufliche Indikation (über die Bedingungen hat die PZ ausführlich berichtet).
Das Bundesgesundheitsministerium beabsichtigt allerdings, den weiteren Versorgungsanspruch über die G-BA-Vorgaben hinaus zu erhalten, zumindest vorerst, bis zum 29. Februar 2024. Nachzulesen ist dies in der Verordnung zum Anspruch auf zusätzliche Schutzimpfung und auf Präexpositionsprophylaxe gegen Covid-19 (Covid-19-VorsorgeV), die gleichzeitig mit der G-BA- Schutzimpfungsrichtlinie am 8. April in Kraft tritt.
Gut, sagt die ABDA zum BMG-Vorhaben, die Impfansprüche weiterhin großzügiger zu halten. Gelte es doch, durch »möglichst hohe Impfquoten die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems im Herbst und Winter 2023/2024 zu verringern«, schreibt die Standesvertretung der Apothekerinnen und Apotheker in einer Stellungnahme zum Verordnungsentwurf, die der PZ vorliegt. Mehr noch: »Nach unserer Idealvorstellung bedürfte es einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission für regelmäßige Covid-19-Schutzimpfungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen, die durch die Schutzimpfungs-Richtlinie für GKV-Versicherte verbindlich festgeschrieben wird.«
Allerdings: So hehr die Ziele sein mögen – mit dem vorgelegten Entwurf seien sie nur bedingt erreichbar, kritisiert die Bundesvereinigung. Knackpunkt ist hier Paragraph 1 der Verordnung, eine kleine, nur wenige Sätze umfassende Regelung, die es aber in sich hat, denn sie schreibt vor: »Der Anspruch (auf weitere Schutzimpfungen, Anm.d.Red.) besteht nur, wenn die Verabreichung der weiteren Schutzimpfung durch eine Ärztin oder einen Arzt für medizinisch erforderlich gehalten wird (ärztliche Indikation)« (§ 1 Satz 2 Covid-19-VorsorgV). Diese Einschränkung wertet die ABDA als »eine zusätzliche Hürde«, die die öffentlichen Apotheken faktisch von Coronavirus-Schutzimpfungen ausschließe.
Coronavirus-Schutzimpfungen in Apotheken gehören seit Dezember 2022 zur Regelversorgung; damals wurden sie mit dem Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz aus der Befristung entlassen. Somit unterliegen sie der nun bald in Kraft tretenden G-BA-Schutzimpfungsrichtlinie. Diese wiederum schränkt die Ansprüche auf Impfleistungen ein. Die Coronavirus-ImpfV (ImpfV), die am 8. April ungültig wird, hatte bislang auch einen Anspruch auf Folge- und Auffrischimpfungen gewährt (§ 1, 2 ImpfV). Der würde nun wegfallen, was die ABDA für falsch hält. »Folgeimpfungen sind aber auch für bereits vollständig Geimpfte erforderlich, da – wie der Verordnungsgeber zurecht feststellt – die Immunität nach einer Impfung wieder abnimmt«, schreibt sie.
Diese Versorgungslücke, die nach Ostern also droht, könne die Verordnung grundsätzlich füllen. Aber durch §1 Satz 2, der eben eine ärztliche Verschreibung für Coronavirus-Impfungen oberhalb der G-BA-Regelung vorschreibe, werde dies konterkariert, »da der Anspruch nur besteht, sofern die weitere Schutzimpfung ärztlich aus medizinischen Gründen für erforderlich gehalten wird«.
Was hat dies nach Ansicht der ABDA zur Folge? Unter anderem, dass bei einem steigenden Bedarf an Folgeimpfungen im kommenden Herbst »erneut nahezu ausschließlich Arztpraxen für die Inanspruchnahme dieser Folgeimpfungen aufgesucht werden müssen«, kritisiert die ABDA. Damit werde die Wertung des Gesetzgebers »ad absurdum geführt, der bezweckt hatte, dass ‚zusätzlich zu Ärztinnen und Ärzten Apothekerinnen und Apotheker dauerhaft auch zur Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 berechtigt‘ und in die Versorgung der Patienten eingebunden werden«. Wolle man die Impfquote auch im kommenden Herbst hoch halten, sei es also unabdingbar, dass die Menschen weiterhin einen niedrigschwelligen Zugang zu Covid-19-Schutzimpfungen – und dabei auch zu Folgeimpfungen – hätten. Die ABDA regt deshalb an, die entsprechende Formulierung (Satz 2) in §1 komplett zu streichen.
Positiv bewertet die ABDA, dass durch § 3 der Verordnung eine Rechtsgrundlage für die im Rahmen der Impfsurveillance erforderlichen Meldungen durch öffentliche Apotheken an das Robert-Koch-Institut geschaffen werden soll. Diese ersetzt die bisherige Rechtsgrundlage in § 4 ImpfV. Begrüßenswert sei in diesem Zusammenhang insbesondere die vorgesehene Vorgabe, für die Meldungen das elektronische Meldesystems des Deutschen Apothekerverbandes e.V. (DAV) zu nutzen und den DAV zu ermächtigen, hierfür Dritte beauftragen zu können. »Damit wird gewährleistet, dass die bewährten Meldewege nach dem Außerkrafttreten des § 4ImpfV auch weiterhin genutzt werden können.«
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