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Akute Mittelohrentzündung

Zwischen Analgetika und Antibiotika

Es ist nur eine winzige Entzündung, aber dennoch der häufigste Grund, warum Ohrenschmerzen kleine Kinder und Eltern regelmäßig um die Nachtruhe bringen. Bei der Therapie der akuten Mittelohrentzündung gilt es, Ruhe zu bewahren und sich der drei A zu bedienen: Analgetika, Abwarten und Antibiotika.
Elke Wolf
21.02.2020  08:00 Uhr

Bei Verdacht zum Arzt

Die Autoren der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin ­(DEGAM) empfehlen bei einer ­unkomplizierten akuten Mittelohrentzündung ohne eitrigen Erguss zunächst eine rein symptomatische Behandlung der Schmerzen. Die Strategie, den Krankheitsverlauf somit vorsichtig zu beobachten, sei für Kinder ohne Grunderkrankungen vertretbar. Es sei nur schwer vorhersehbar, ob und wie schnell die noch viral bedingte Entzündung einen bakteriellen Verlauf nimmt und damit Antibiotika indiziert seien.

Paracetamol und Ibuprofen systemisch nehmen schnell den oft unerträglichen Schmerz. Da Ibuprofen zusätzlich über eine antiphlogistische Wirkkomponente verfügt, wird es bei diesem Krankheitsbild häufiger eingesetzt. Für Kinder unter sechs Monaten ist nur Paracet­amol zugelassen. Eine alternierende Gabe der beiden Arzneistoffe ist abzulehnen, zu hoch wäre das Risiko für mögliche Überdosierungen.

Neben den Analgetika empfehlen HNO-Ärzte zusätzlich α-Sympathomi­metika in Form von Nasentropfen oder -sprays – auch wenn Studien bislang keinen Behandlungsvorteil dokumentieren konnten. Dadurch schwillt die Schleimhaut in der Nase und der Ohrtrompete ab. Sekret, das sich in der Paukenhöhle gebildet hat, kann dann besser abfließen. Die Belüftung des Mittelohrs wird verbessert, so die Theorie. Schmerzstillende Ohrentropfen sind keine Behandlungsoption. Abgesehen davon, dass sie die Beurteilung des Trommelfells erschweren, können sie dieses nicht durchdringen und das Mittelohr nicht erreichen.

Wait and watch

Die Leitlinienautoren verfolgen bezüglich des Einsatzes von Antibiotika die Strategie des vorsichtigen Abwartens (»wait and watch«). Diese Vorgehensweise setzt allerdings eine gute Aufklärung und Absprache mit den Eltern voraus. So sei es vertretbar, bei Kindern von einem halben Jahr bis zu zwei Jahren die ersten 24 Stunden, bei Kindern ab zwei Jahren bis zu 48 Stunden beobachtend abzuwarten. Erst wenn danach keine Besserung eintritt oder sich der Gesundheitszustand gar verschlechtert, kommen Antibiotika zu Einsatz. Um eine Wiedervorstellung in der Praxis zu vermeiden, schlägt die Leitlinie ein Reserve-Rezept vor: Der Pädiater verordnet vorsorglich ein Antibiotikum, das die Eltern erst dann einlösen, wenn die Ohrenschmerzen nach den genannten Zeitspannen noch anhalten.

Diese abwartende Strategie gilt nicht für Säuglinge unter sechs Monaten oder Kinder mit Begleit- oder Grunderkrankungen, wie Diabetes oder ­Immunschwäche oder früheren Komplikationen einer Otitis media. Auch bei Patienten unter zwei Jahren mit beidseitigen Beschwerden oder mit immer wiederkehrenden Infekten sollte der Arzt leitliniengemäß sofort eine antibiotische Therapie einleiten. Mittel der Wahl ist dabei Amoxicillin. Bei Erregern mit erhöhter Betalactamase-Aktivität wie Hämophilus, Streptococcus pneumoniae oder Moraxella ist mit Clavulansäure zu kombinieren. Bei Penicillinallergie sollte der Arzt auf Makrolide wie Erythromycin oder Azithromycin ausweichen. Neben den Breitbandpenicillinen bieten sich orale Cephalosporine wie Cefuroxim oder Cefaclor an.

Bei der Beratung sollten PTA und Apotheker Eltern darüber informieren, dass auch die sofortige Gabe eines Antibiotikums die Analgetika nicht ersetzen kann. Die begleitenden Schmerzmittel sind deshalb angezeigt, da sich die Schmerzdauer durch Antibiotika nicht wesentlich verkürzen lässt, lediglich von 3,3 auf 2,8 Tage, wie eine Studie ergeben hat. Auf keinen Fall hat eine Antibiotikabehandlung Einfluss auf die Schmerzstärke in den ersten 24 Stunden.

Drei bis vier Wochen nach Therapiebeginn sollten die Eltern einen Nachsorgetermin wahrnehmen, bei dem auch die Überprüfung des Hörvermögens auf dem Programm steht. Der Erguss, der sich hinter dem Trommelfell gebildet hat, braucht etwa drei bis vier Wochen, um abzufließen. Solange bleibt auch die Hörminderung bestehen.

Arzneimittel Dosierung
Paracetamol maximal 60 mg/kg KG (= Körpergewicht)/Tag, entspricht drei- bis viermal 10 bis 15 mg/kg KG/Tag
Ibuprofen maximal 20 bis 30 mg/kg KG/Tag, verteilt auf drei bis vier Gaben pro Tag
1. Wahl: Amoxicillin (eventuell kombiniert mit Clavulansäure) 50 mg/kg KG/Tag in zwei bis drei Einzeldosen, 7 Tage lang
2. Wahl: orales Cephalosporin der Gruppe 2, zum Beispiel Cefuroximaxetil 20 bis 30 mg/kg KG/Tag für 5 bis 10 Tage
Bei Allergie gegen Penicilline oder Cephalosporine: Makrolide, zum Beispiel Erythromycin 40 mg/kg KG/Tag über 7 Tage
Dosierungen von Analgetika und Antibiotika bei akuter Mittelohrentzündung gemäß DEGAM-Leitlinie
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