Zwei Wochen EPA – ein Game Changer? |
Apothekerin Scheunemann-Lorra liest eine Versichertenkarte ein. / © PZ/ Alexandra Amanatidou
»Haben Sie Ihre elektronische Patientenakte gesperrt?«, fragt Apothekeninhaberin Anke Rüdinger ein älteres Ehepaar. »Nein«, antwortet die Frau. Doch Rüdinger hat trotzdem keinen Zugriff darauf. Mehr als 20 Minuten lang berät sie das Ehepaar, die Stammkunden der Castello-Apotheke in Berlin sind. Zwei verschiedene Ärzte haben ihnen Mittel gegen Nervenschmerzen verordnet. Nun stellt sich die Frage, welches Mittel der Patient nehmen soll.
Die Apothekerin versucht, die Neurologin telefonisch zu erreichen. »Man kommt in der Regel nicht durch. Mal akut schnell eine Anfrage irgendwie klären geht so gut wie gar nicht«, sagt sie. Normalerweise schreibt sie E-Mails, doch dann muss sie den Patienten noch einmal einbestellen.
In solchen Fällen kann die seit dem 29. April bundesweit eingeführte elektronische Patientenakte (EPA) helfen. In der EPA werden wichtige Informationen wie Befunde, Arztbriefe und die Medikation digital erfasst und abgelegt. Wenn ein Patient mit einem E-Rezept in die Apotheke kommt, wird die Versichertenkarte eingelesen. Sofern die Freigabe für die Apotheke nicht gesperrt ist, erscheint die elektronische Medikationsliste (EML). Dort sind alle E-Rezepte zu finden, egal ob sie bereits eingelöst wurden oder nicht.
Apothekerin Anke Rüdinger zeigt ihrer Mitarbeiterin etwas am Computer. / © PZ/ Alexandra Amanatidou
Die Medikationsliste hat für Rüdinger viele Vorteile: »Auch absolute Stammkunden gehen mal im Urlaub in eine andere Apotheke oder mal in die Apotheke neben ihrem Arzt«, sagt die Apothekerin und Vorsitzende des Berliner Apothekervereins. Kommt der Stammkunde wieder, weiß man nun, was noch hinzugekommen ist.
Täglich werden 1,2 Millionen Medikationslisten geöffnet. Das berichtet Florian Fuhrmann, Geschäftsführer der Digitalagentur Gematik, der PZ. Damit sei die EPA auf bestem Wege, fester Bestandteil der Gesundheitsversorgung in Deutschland zu werden. »Das ist ein wichtiger Meilenstein für uns alle«, so Fuhrmann.
Mit der Gematik hatte auch Rüdinger lange zu tun, denn sie war von 2021 bis 2024 Digitalisierungsbeauftragte des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), dessen stellvertretende Vorsitzende sie seit 2023 ist. »Unsere IT-Abteilung ist auf der Arbeitsebene in die Gematik gut vernetzt und kann da eben auch sagen, das und das fehlt noch oder das und das funktioniert nicht«, erzählt sie.
Kritikpunkte und technische Fehler sollen auch die Tester in den TI-Modellregionen Hamburg, Franken und NRW an die Gematik berichten. Seit Mitte Januar haben dort unter anderem Apotheken, Krankenhäuser und Arztpraxen Zugriff auf die EPA. In Hamburg und Umgebung gehören momentan 18 Apotheken dazu, darunter auch die Markt-Apotheke von Dorothee Michel im Stadtviertel Eidelstedt.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.