»Zusammen können wir Leben retten« |
Brigitte M. Gensthaler |
18.04.2023 14:06 Uhr |
Bei der Vorstellung der ARMIN-Studienergebnisse (von links): Katharina Bachmann-Bux, Leiterin der AG Kommunikation von ARMIN, Rainer Striebel, AOK Plus, Dr. Annette Rommel, KV Thüringen, Gabriele Regina Overwiening, ABDA-Präsidentin, und Professor Dr. Hanna Seidling, Universitätsklinikum Heidelberg / Foto: ABDA
Die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen, kurz ARMIN, hatte sich zum Ziel gesetzt, die Versorgung multimorbider Patienten, die dauerhaft fünf oder mehr Wirkstoffe einnehmen, durch bessere Betreuung und interprofessionelle Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern zu verbessern. ARMIN war von 2014 bis 2022 ein Modellprojekt der AOK Plus, der Kassenärztlichen Vereinigungen Sachsen und Thüringen sowie des Sächsischen und Thüringer Apothekerverbandes. Die externe Evaluation erfolgte durch das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) in Kooperation mit dem aQua - Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen und wurde heute in der Bundespressekonferenz vorgestellt.
»Das Besondere war, dass dieses Modellvorhaben in der Routineversorgung umgesetzt wurde, es war also kein künstliches Setting«, erklärte Professor Dr. Hanna Seidling, Leiterin der Kooperationseinheit Klinische Pharmazie am UKHD. Die Nutzung der Wirkstoffverordnung (WiVo) sei in der Projektlaufzeit stetig angestiegen und habe 2019 rund 40 Prozent erreicht. Bei hoher WiVo-Quote gebe es weniger Präparatewechsel, was den Patienten zugutekommt. Der Medikationskatalog sei von Anfang an sehr gut umgesetzt worden.
Das wichtigste Ergebnis: »Patienten, die am ARMIN-Medikationsmanagement teilnahmen, hatten im Vergleich zu retrospektiv gematchten Kontrollpatienten ein um 16 Prozent verringertes relatives Sterberisiko«, betonte die Apothekerin. Absolut gesehen verstarben 9,3 Prozent der Patienten aus der ARMIN-Gruppe und 12,9 Prozent der anderen Patienten (Nachbeobachtungszeit von 30 Monaten).
In puncto Krankenhauseinweisungen habe sich kein Unterschied zwischen ARMIN- und Kontrollgruppe gezeigt. Warum ARMIN-Patienten, die hospitalisiert wurden, früher und häufiger hospitalisiert wurden als Patienten in der Kontrollgruppe, lasse sich aus den retrospektiv erhobenen Daten nicht ableiten, erklärte die Wissenschaftlerin. Dazu seien prospektive randomisierte Untersuchungen nötig.
In Teilnehmerbefragungen befürworteten drei Viertel der Patienten die Überprüfung des Medikationsplans durch Hausarzt und Apotheker. Beide Berufsgruppen gaben ihrerseits an, Aufgaben im Medikationsmanagement sowohl selbst auszuführen als auch von der anderen Berufsgruppe übernehmen zu lassen. Neun von zehn Ärzten begrüßten es, dass Apotheker die Gesamtmedikation der Patienten erfassten. »Dies zeigt, dass das Medikationsmanagement gut und gemeinschaftlich gelebt wurde«, resümierte Seidling.