Zehn Jahre rezeptfreie Pille danach |
Die Pille danach ist zur einmaligen Einnahme, zum Beispiel nach einer Verhütungspanne, vorgesehen. / © Adobe Stock/cinematri
Dass Notfallkontrazeptiva ohne Rezept in Apotheken erhältlich sind, ist vielen Menschen – auch nach einem Jahrzehnt – noch immer unbekannt. Das legt zumindest eine repräsentative, von der Firma Perrigo beauftragte Yougov-Umfrage aus dem Jahr 2024 nahe, die Apothekerin Dr. Ute Koch vorstellte. Nur etwa drei von zehn der befragten Erwachsenen ab 18 Jahre wussten über den OTC-Status Bescheid. Das sei ein »katastrophales Ergebnis«, meinte Koch. Zudem scheine sich die »Hormonangst« vor klassischen hormonellen Kontrazeptiva auf die Pille danach auszuweiten: Etwa 39 Prozent der Befragten machten sich demnach Sorgen über Nebenwirkungen und gesundheitsschädliche Wirkungen.
Auch wie die Notfallkontrazeptiva wirken, ist vielen nicht klar: Fast jeder Zweite dachte, sie würden eine Abstoßung der befruchteten Eizelle bewirken. Daher lautete Kochs Fazit: »Wir brauchen Aufklärung noch und nöcher.« Hinderlich sei das mit der Entlassung aus der Verschreibungspflicht beschlossene Werbeverbot für die OTC-Notfallkontrazeptiva, mit dem Deutschland im europäischen Vergleich einen Sonderweg eingeschlagen habe.
Um Mythen zu entkräften, sei das Verständnis der pharmakologischen Grundlagen unerlässlich, betonte Professor Dr. Thomas Herdegen vom Universitätsklinikum Kiel. Eine wichtige Botschaft laute: Die Notfallkontrazeptiva verschieben den Eisprung und verhindern so, dass Spermien, die eine Lebensdauer von bis zu fünf Tagen haben, die Eizelle befruchten. »Das Prinzip der Pille danach ist also das ›in Sicherheit Bringen‹ der Eizelle«, erklärte der Pharmakologe. Hat der Eisprung bereits stattgefunden, ist sie wirkungslos.
Den genauen Zeitpunkt des Eisprungs vorherzusagen, sei schwierig, erklärte der Experte, bei etwa der Hälfte der Frauen liege er zwischen dem 12. und dem 16. Zyklustag. Den entscheidenden Impuls gibt das Luteinisierende Hormon (LH), das kurz vor der Ovulation einen Peak erreicht. Levonorgestrel, ein Progesteron-Agonist, wirkt nur vor Beginn des LH-Anstiegs; Ulipristalacetat, ein Progesteron-Modulator, noch während des Anstiegs. Das entspreche einem längeren Wirkfenster von etwa zwei Tagen, so Herdegen. Zudem liege der Anteil an nicht rupturierten Follikeln Untersuchungen zufolge bei Ulipristalacetat fünf Tage nach der Einnahme deutlich höher als unter Levonorgestrel oder Placebo.
Der Hinweis, das Notfallkontrazeptivum so schnell wie möglich einzunehmen, dürfe in der Apotheke nicht fehlen – prinzipiell ist die Einnahme von Ulipristalacetat innerhalb von 120 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr und von Levonorgestrel innerhalb von 72 Stunden danach möglich. Wechselwirkungen betreffen vor allem die Einnahme von CYP3A4-Induktoren wie Johanniskraut in den letzten vier Wochen.
Insgesamt sei die Pille danach gut verträglich, so Herdegen. Sein Rat: »Kundinnen fürchten Nebenwirkungen. Stellen Sie sicher, dass Sie Ihrer Kundin alle wichtigen Anwendungshinweise mit auf den Weg geben, um ihr bestmöglich die Bedenken zu nehmen und eine korrekte Anwendung sicherzustellen.« Für Apotheken gibt es ab dem 5. Februar 2025 neue Webinare im Ellaone Campus unter www.ellaone.de.
Noch immer kursieren viele Falschinformationen über die Pille danach – einige Mythen entkräftete Herdegen: Die OTC-Notfallkontrazeptiva …