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Bluthochdruck

Wie sich die Therapietreue verbessern lässt

Herzinfarkt und Schlaganfall zählen zu den gefährlichsten Folgeerkrankungen der Hypertonie. Moderne Medikamente können das Risiko senken. Die Crux ist: Viele Patienten lösen ihr Rezept in der Apotheke zwar ein, lassen die Arzneimittel dann zu Hause jedoch in der Schublade liegen. Was können Apotheker und Ärzte tun?
Christiane Berg
22.09.2021  18:00 Uhr

Arzneimittel können bekanntlich nur wirken, wenn die Patienten diese auch anwenden: Mehr als bislang müssen Mediziner und Pharmazeuten sich daher gemeinsam erfolgversprechenden Interventionen zur Erhöhung der Therapieadhärenz bei Hypertonie widmen, machten Dr. Henning Harder, Facharzt für Allgemeinmedizin, und Dorothee Michel, Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie, bei einer gemeinsamen Veranstaltung »Arzt und Apotheker im Dialog« der Apotheker- und der Ärztekammer Hamburg zum Thema Antihypertonika deutlich.

Ob Diuretika, Calcium-Antagonisten, ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptor- oder Betablocker: Unter Berücksichtigung spezifischer Indikationen, Komorbiditäten und Kontraindikationen gelten diese Wirkstoffe in der antihypertensiven Initial- und Dauerbehandlung leitliniengemäß sowohl in Mono- als auch in Kombinationstherapie als geeignet und empfehlenswert. »Die vom Arzt veranlassten medikamentösen Therapiemaßnahmen werden jedoch häufig nicht in gewünschter Weise vom Patienten umgesetzt«, konstatierte Harder.

Um hier Verbesserungen zu erzielen, sei es unumgänglich, die Patienten in der Praxis bei der Verschreibung und in der Apotheke bei der Abgabe der Arzneimittel detailliert über die Pathogenese und Risiken der Hypertonie sowie die Wirkmechanismen und Therapieziele der eingesetzten Medikamente zu informieren. Gezielt müssen diese auch in die Dosierungs- und Anwendungsmodalitäten eingewiesen werden.

Erinnerungshilfen und Dosetten

Wird die regelmäßige Arzneimitteleinnahme oftmals nicht nur aus grundsätzlicher Skepsis oder Angst vor unerwünschten Arzneimittelwirkungen vernachlässigt, sondern in Folge der Hektik im Alltag vielfach auch schlicht vergessen, so könne die Apotheke dem Patienten durch das Angebot von Dosierungshilfen und Wochendosetten sowie durch die Erklärung (elektronischer) Erinnerungshilfen helfen, die Übersicht zu bewahren, so die Apothekerin. Im Rahmen der pharmazeutischen Betreuung müssten Betroffene immer wieder auch durch positives Feedback zur regelmäßigen Einnahme motiviert werden.

Es ist bekannt, dass die Adhärenz mit der Zahl der pro Tag notwendigen Tabletten zunehmend sinkt. Michel unterstrich, dass daher gegebenenfalls auch durch Vereinfachung des Medikationsregimes wirksam zur Stärkung der Compliance beigetragen werden kann. Oft könne es angezeigt sein, statt vieler Einzelsubstanzen lang wirkende Arzneistoffe beziehungsweise retardierte Darreichungsformen oder aber fixe Kombinationspräparate einzusetzen, die die nur einmal tägliche Gabe ermöglichen. Neuere Studien zeigen, dass sich so im Falle der Behandlung der Hypertonie eine signifikant bessere Blutdruck-Kontrolle erzielen lässt.

Ob Gewichtsreduktion, mediterrane Ernährung, Kochsalzrestriktion, körperliche Bewegung oder Minderung des Nikotin- und Alkoholkonsums: Zudem müsse der Patient über die große Bedeutung auch nicht-medikamentöser Maßnahmen, also Lebensstiländerungen zur Blutdrucksenkung und somit Risikoreduktion aufgeklärt werden. Prognostisch komme des Weiteren der häuslichen Blutdruck-Selbstkontrolle bei gleichzeitiger Erfassung aller Besonderheiten des Tagesablaufs eine bedeutende Rolle zu. Der Patient müsse entsprechend geschult werden.

Michel und Harder betonten abschließend, dass die Verbesserung der Therapie-Adhärenz nicht nur eine intensive Arzt-Patienten- beziehungsweise Apotheker-Patienten-Beziehung, sondern auch den vertieften interdisziplinären Austausch zwischen Arzt und Apotheker erforderlich macht.

In Deutschland sind insgesamt mehr als zwanzig Millionen Bundesbürger zwischen 18 und 79 Jahren, also etwa jeder dritte Erwachsene, von Bluthochdruck betroffen. Damit ist Hypertonie die Volkskrankheit Nummer eins. Ob Gefäße, Herz, Hirn, Augen oder Niere: Alle hypertoniebedingten Folgeschäden an Endorganen treten umso eher auf, je höher und anhaltender die Blutdruckwerte sind. Je größer der Druck, desto schwerer der Schaden.

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