Wie man mit Wissenschaftsleugnern reden sollte |
Annette Rößler |
07.06.2023 07:00 Uhr |
»Wissenschaftsleugner sind für das System an sich nicht problematisch, denn es gibt nur sehr wenige von ihnen«, sagte Schmid. »Aber sie kommunizieren sehr effektiv – und sie bedienen sich dabei immer derselben rhetorischen Techniken.« Diese sind:
»Diese Techniken sind persuasiv und sie beeinflussen Menschen«, konstatierte Schmid. So sinke etwa die Impfbereitschaft, wenn die Argumente von Impfgegnern mithilfe der genannten Techniken vorgebracht würden. Daher sei es wichtig, ihnen zu widersprechen. Wie man dabei am besten vorgeht, steht in einer Broschüre der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Schmid als einer von drei Hauptautoren mit erstellt hat.
Grundsätzlich sind dabei zwei Gesprächssituationen zu unterscheiden: die öffentliche Diskussion und das Einzelgespräch. »Wenn andere zuhören, während ich mit einem Wissenschaftsleugner rede, geht es nicht darum, diesen von meiner Position zu überzeugen, sondern die Zuhörer davor zu schützen, Falschinformationen zu glauben. Das gilt auch für Diskussionen in den sozialen Medien«, erläuterte der Psychologe.
Dies könne etwa gelingen, indem man die rhetorischen Techniken des Wissenschaftsleugners entlarve (»Sie fordern eine 100-prozentige Sicherheit von Impfstoffen. Diese Argumentation wird unmögliche Erwartung genannt, weil 100-prozentige Sicherheit in der Medizin nicht garantiert werden kann.«). Auch inhaltliche Gegenargumente könnten die Zuhörer überzeugen (»Bund und Länder achten streng auf die Sicherheit von Impfungen. Das Risiko einer Erkrankung übersteigt das einer Impfung bei Weitem.«).
Falschinformationen zu Gesundheitsthemen sind im Internet oft ebenso präsent oder sogar noch präsenter als korrekte Informationen. Heilberufler sollten dem entgegentreten, auch auf sozialen Medien. / Foto: Getty Images/Finn Hafemann
Laut einer Arbeit von Schmid und seiner Erfurter Kollegin Professor Dr. Cornelia Betsch sind beide Strategien zum Entkräften der Argumente von Impfgegnern in öffentlichen Debatten etwa gleich gut geeignet (»Nature Human Behaviour« 2019, DOI: 10.1038/s41562-019-0632-4). »Seien Sie da, demaskieren Sie Techniken oder korrigieren Sie inhaltlich. Wenn Ihnen Leute zuhören, funktioniert das. Sie reduzieren damit den Einfluss von Wissenschaftsleugnern in der Öffentlichkeit«, appellierte Schmid.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.