Wie gut sind die Alternativen zu Benzos und Z-Substanzen? |
Gute Schlafhygiene ist das wichtigste Mittel gegen Schlafstörungen. / Foto: Getty Images/ Science Photo Library/ Microgen Images
Dass Benzodiazepine und Z-Substanzen (Zolpidem und Zopiclon) über Schlafstörungen hinweghelfen, steht außer Frage. Bei Letzteren sei die Wirksamkeit gar über einen Zeitraum von zwölf Monaten belegt, sagte Professor Dr. Achim Schmidtko vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Frankfurt vergangenes Wochenende beim Fortbildungskongress der Landesapothekerkammer Hessen in Gießen. »Ihr großes Problem ist das Abhängigkeitspotenzial. Diese kann sich selbst im Rahmen einer medizinisch indizierten Therapie unter therapeutischen Dosen entwickeln.«
Diese Niedrigdosisabhängigkeit erfolge bereits relativ zeitig nach vier bis sechs Wochen der Einnahme. Aufgrund der Toleranzentwicklung im dopaminergen System und der Downregulation der GABAA-Rezeptoren empfiehlt der Pharmakologe, die Substanzen rechtzeitig und ausschleichend abzusetzen.
Vermutlich aufgrund ihres geringen Abhängigkeitspotenzials werden zunehmend sedierende Antidepressiva off Label bei Insomnien ohne komorbide Depression eingesetzt, berichtete Schmidtko. Dabei sei ihre Wirksamkeit bei Schlafstörungen nur in wenigen Studien untersucht und vermutlich seien sie schwächer wirksam als die Benzodiazepine und Z-Substanzen.
Das einzige in Deutschland zur Insomniebehandlung zugelassene Antidepressivum ist Schmidtko zufolge Doxepin. Amitriptylin, Mirtazapin, Trazodon oder Trimipramin haben dafür keine Zulassung. »Weil Antidepressiva zur Insomnie-Behandlung in niedrigeren Dosen eingesetzt werden als zur Therapie von Depressionen, sind sie dann auch besser verträglich.« Bei Doxepin wären für Schlafstörungen 5 bis 50 mg ausreichend, während bei einer Depression zwischen 100 bis 300 mg zum Einsatz kämen.
Ob der relativ neue Orexin-Rezeptorantagonist Daridorexant die Hoffnungen in ein ideales Schlafmittel erfüllen kann? Schmidtko zeigte sich skeptisch. Zwar verbesserte Daridorexant in klinischen Studien mit chronischen Insomniepatienten den Schlaf genauso wie die Leistungsfähigkeit am Tag im Vergleich zu Placebo, zudem gab es keine Anzeichen für einen Missbrauch oder eine Abhängigkeit. Aber ob sich die guten Studienergebnisse auch in der Praxis abbilden ließen, bleibe abzuwarten.
Zurückhaltend äußerte sich Schmidtko auch bezüglich der Effektivität der sedierenden H1-Antihistaminika Diphenhydramin, Doxylamin und Hydroxyzin. »Es gibt keine hochwertigen randomisierten kontrollierten Studien, die die Wirksamkeit bezüglich Insomnie belegen. Antihistaminika haben einen allenfalls mäßigen Effekt nach deutlich verzögertem Wirkeintritt und die Patienten können obendrein rasch – und zwar rascher als Benzodiazepine und Z/Substanzen – eine Toleranz entwickeln.«
Aufgrund der erwiesenen Verdopplung der Sturz- und Frakturrate bei Über-65-Jährigen plädierte der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht, dessen Mitglied Schmidtko ist, vor vier Jahren dafür, Doxylamin und Diphenhydramin bei älteren Menschen der Verschreibungspflicht zu unterstellen. Der Apotheker bedauerte, dass dem nicht gefolgt wurde. Ein Argument dagegen wäre die in der Praxis nur schwer umsetzbare Kontrolle der Altersgrenze von 65 Jahren gewesen. Ebenfalls kein alternatives medikamentöses Hilfsmittel ist Melatonin: Aufgrund geringerer Wirksamkeit wird es von der S3-Leitlinie nicht generell zur Behandlung von Insomnien empfohlen.
Unter dem Strich bleibe die Erkenntnis, dass es »keine gute Alternative zu Benzodiazepinen oder Z-Substanzen gibt«. Es bleibe also nur ein schrittweises Absetzen und eine kognitive Verhaltenstherapie als Behandlungsoption, um die Patienten aus der Sucht herauszuführen.