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Immunmodulation

Wie genau wirkt Dexamethason bei schwerem Covid-19?

Dexamethason war das erste zugelassene Arzneimittel zur Behandlung einer schweren Covid-19-Erkrankung, weil es die Sterblichkeit senkt. Aber wie genau? Kanadische Forscher sind dem Wirkmechanismus auf die Spur gekommen.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 16.11.2021  11:00 Uhr

Ein intaktes angeborenes Immunsystem ist für die Abwehr von in den Körper eingedrungenen Erregern von entscheidender Bedeutung. Allerdings kann das angeborene Immunsystem auch ein pathologischer Treiber eines akuten Atemnotsyndroms (ARDS) sein, wie es typischerweise mit Covid-19 assoziiert sein kann. Dabei hängt der Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion essenziell von einem zeitlichen Gleichgewicht zwischen der Induktion eines effizienten Immunprogramms im Rahmen der Virämie im Frühstadium der Erkrankung und der anschließenden Drosselung der Immunreaktionen in den späteren Stadien von Covid-19 ab. 

Auf welchen Mechanismen die positiven Wirkungen von Dexamethason beruhen, das in späten Phasen von Covid-19 eingesetzt wird, ist nach wie vor nicht klar. Zwar ist der Einsatz von Steroiden bei anderen Formen von ARDS umstritten. Im Falle schwerer Covid-19-Verläufe hat sich jedoch gezeigt, dass Dexamethason die Sterblichkeit deutlich verringert. Jetzt hat eine Gruppe um Sarthak Sinha vom Department of Comparative Biology and Experimental Medicine der Universität von Calgary in Kanada mittels Einzelzell-RNA-Sequenzierung und Plasmaproteomik Untersuchungen zu dieser Frage angestellt. Die Ergebnisse der Arbeiten sind heute in »Nature Medicine« publiziert.

Die Forscher konnten zeigen, dass Covid-19 im Vergleich zu bakteriellem ARDS mit der Ausbreitung verschiedener neutrophiler Zustände verbunden ist, die durch Signale gesteuert werden, die von Interferonen (IFN) und Prostaglandinen ausgehen. Während eines schweren Covid-19-Verlaufs beeinflusst Dexamethason die Eigenschaften der zirkulierenden Neutrophilen. In IFN-aktiven Neutrophilen werden durch Interferon stimulierte Gene herunterreguliert. Andererseits werden Neutrophile, die einen Interleukin-1-Rezeptor-2 exprimieren, aktiviert. Zudem vergrößert Dexamethason immunsuppressive unreife Neutrophile und verändert die zellulären Interaktionen, indem es die Neutrophilen von Informationsempfängern zu Informationslieferanten umprogrammiert.

Dexamethason führte auch zur Entstehung unreifer neutrophiler Granulozyten. Diese exprimieren ARG1 (das Enzym, das den letzten Reaktionsschritt im Harnstoffzyklus bei Wirbeltieren katalysiert) und ANXA1, ein Phospholipid-bindendes Protein. Diese Proteine fungieren auch als immunsuppressive Moleküle, die in neutrophilen Granulozyten gesunder Kontrollpersonen nicht nachgewiesen werden konnten.

Dexamethason zeigt geschlechtsabhängige Wirkungen

Darüber hinaus zeigte Dexamethason geschlechtsabhängige Wirkungen, was wichtige Auswirkungen auf die geschlechtsabhängigen Ergebnisse und die therapeutische Wirksamkeit bei schwerem Covid-19 haben könnte. Männliche Patienten wiesen in den Studien der Autoren einen höheren Anteil an IFN-aktiven Neutrophilen und eine bevorzugte steroidinduzierte Expansion unreifer Neutrophiler auf, von daher müssten sie theoretisch stärker auf das Glucocorticoid ansprechen.

Die Arbeit der kanadischen Autoren konnte einen stabilen Neutrophilenzustand mit einer charakteristischen nachgeschalteten IFN-Signalisierung aufdecken. Dieser Zustand breitet sich während des Spätstadiums von Covid-19-Infektion selektiv aus. Angeborene Fehler und eine unterdrückte IFN-Signalgebung im frühen Stadium ermöglichen es, den Schweregrad von Covid-19 vorherzusagen. Zudem korrelieren erhöhte IFN-aktive Neutrophile bei Frauen mit einer erhöhten Sterblichkeit.

Nun hat sich gezeigt, dass das Immunsuppressivum Dexamethason, von dem bekannt ist, dass es die Sterblichkeitsrate bei Patienten mit Covid-19 positiv beeinflusst, mit einer globalen Veränderung der Neutrophilen sowie mit einer Unterdrückung der neutrophilen IFN-Netzwerke und einer bevorzugten Depletion der bei Covid-19 angereicherten IFN-aktiven Neutrophilen verbunden ist. 

Natürlich weisen die Autoren auch auf Limitationen der Studie hin. So handelt es sich bei dieser Studie um eine retrospektive Kohortenanalyse und nicht um eine randomisierte kontrollierte Studie. Während des Zeitraums, in dem die Studie durchgeführt wurde, wurde Dexamethason zur Standardbehandlung eingeführt. Dies könnte die Verallgemeinerung der Dexamethason-Ergebnisse dieser Studie einschränken. Zum anderen konnten die Autoren nicht ausschließen, dass Patienten neben der Virusinfektion der Atemwege auch ein bakterielles ARDS entwickelt hatten.

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