Wie geht man am besten vor? |
Daniela Hüttemann |
20.07.2022 14:00 Uhr |
Bestimmte pharmazeutische Dienstleistungen dürfen kombiniert werden: So darf Apothekenpersonal einem Polymedikations-Patienten mit Bluthochdruck sowohl die erweiterte Medikationsberatung als auch die Blutdruckkontrolle anbieten. / Foto: Getty Images/Alvarez
In allen Bundesländern finden derzeit sogenannte Kick-off-Veranstaltungen der Apothekerkammern und -verbände zum Start der pharmazeutischen Dienstleistungen statt. Am Dienstagabend informierten dazu Dr. Kerstin Kemmritz, Präsidentin der AK Berlin, und Anke Rüdinger, Vorsitzende des Berliner Apothekervereins, in einer gemeinsamen Online-Veranstaltung. Das Interesse war groß und eine informelle Umfrage zu Beginn der Veranstaltung ergab, dass einige Teilnehmende bereits schon mindestens einmal eine pharmazeutische Dienstleistung durchgeführt und abgerechnet hatten.
Während Kemmritz zunächst kompakt über jede einzelne der fünf pharmazeutischen Dienstleistungen informierte, erläuterte Rüdinger rechtliche Fragen und erklärte die Abrechnung und Priorisierung der Honorierung über den Nacht-und-Notdienst-Fonds (NNF). Die PZ hatte über all diese Aspekte bereits ausführlich berichtet. Unsere Artikel plus ein FAQ der Redaktion finden Sie auf unserer Themenseite Pharmazeutische Dienstleistungen.
Umfassendes Arbeitsmaterial dazu finden Apotheken im passwortgeschützten Bereich der ABDA-Website unter www.abda.de/pharmazeutische-dienstleistungen. Zudem stehen mittlerweile Werbematerialien wie Poster und Informationsbroschüren unter www.apothekenkampagne.de zur Verfügung. Das Arbeits- und Kampagnen-Material werde fortlaufend ergänzt und aktualisiert, betonten Kemmritz und Rüdinger.
Vor allem gaben die beiden Apothekeninhaberinnen noch viele Tipps zur praktischen Umsetzung in der Apotheke. So rieten sie angesichts der Anspannung der Ärzteschaft beim Thema pharmazeutische Dienstleistungen zu einer intensiven Kommunikation mit den umliegenden Arztpraxen – am besten bevor man anfängt, die Leistungen den Patienten aktiv anzubieten. »Es wird aufgeschlossene und ablehnende Ärzte geben – fangen Sie eher mit Patienten der aufgeschlosseneren Ärzte an«, so Rüdinger.
Kemmritz riet, den für Pharmazeuten altbekannten Begriff »Medikationsanalyse« zurückhaltend einzusetzen, da Ärzte ihn anders auffassen könnten als Apotheker und eine Einmischung in die ärztliche Verordnungshoheit fürchten könnten. Die Medikationsanalyse bildet zwar das Rückgrat von drei der Leistungen, offiziell handelt es sich aber bei Patienten mit Polymedikation um eine »erweiterte Medikationsberatung« gemäß Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Medikationsanalyse, deren Kernstück »pharmazeutische AMTS-Prüfung« genannt wird.
Wichtig: Apotheken können anspruchsberechtigte Patienten ohne Erlaubnis des betreuenden Arztes ansprechen, sollten sich aber auf jeden Fall die Erlaubnis des Patienten einholen, bei etwaigen gefundenen arzneimittelbezogenen Problemen mit dem Arzt in Kontakt treten zu dürfen (Schweigepflichtentbindung).
Für das Arztgespräch sollte man mögliche Lösungsvorschläge bereithalten und das Ergebnis dem Patienten beim Abschlussgespräch als gemeinsame Lösung präsentieren. Dabei erhält der Patient auch einen aktualisierten bundeseinheitlichen Medikationsplan. Die Ergebnisse der pharmazeutischen Dienstleistung inklusive Medikationsplan sollten, wenn die Erlaubnis des Patienten vorliegt, auch an die betreuende Arztpraxis übermittelt werden.
Zu Beginn sollte der Apothekenleiter ermitteln, welche Qualifikationen wie ein ATHINA-Zertifikat im Team bereits vorliegen und wer welche Dienstleistung übernehmen könnte. »Starten Sie dann am besten mit den »kleineren« Dienstleistungen, um sich mit den Prozessen vertraut zu machen«, riet Rüdinger. Damit gemeint sind die standardisierte Risikoerfassung Bluthochdruck sowie die Inhalativa-Schulung. Für diese sollte man sich ein Blutdruckmessgerät mit automatischer Dreifachmessung sowie Dummies der verschiedenen Inhalations-Devices besorgen.