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Ins Depot geschaut

Wie funktioniert eine Inventarsystematik?

Für jedes Museum ist eine gute Bestandssystematik unverzichtbar, um alle Objekte für die weitere Museumsarbeit nutzbar zu machen. Doch wie lässt sich ein Objekt eindeutig identifizieren? Es ist gekennzeichnet durch eine »Inventarnummer«, die nur einmal vergeben werden darf. Dafür nutzt das Deutsche Apotheken-Museum (DAM) eine eigene Inventarsystematik.
Elisabeth Huwer
Claudia Sachße
20.10.2022  10:00 Uhr

Für die Kennzeichnung von Museumsobjekten gibt es zwei grundsätzliche Wege: Ein sehr häufiges Modell ist die einfache Nummerierung der Sammlungsobjekte von 000001 an fortlaufend. Bei thematischen Sammlungen, wie sie das DAM besitzt, ist jedoch die Bildung von Sachgruppen sinnvoll.

Ein solches Modell mit einfacher Systematik wählten schon Museumskurator Fritz Ferchl (1892 bis 1953) und sein Stellvertreter Carl Sieberger (1871 bis 1952) bei der Museumsgründung in München 1937. Sie ordneten die Neuzugänge in Objektkategorien: Standgefäße, Geräte, Urkunden und Bilder, Amulette, Medaillen und Münzen. Lediglich der Bereich Bibliothek wurde weiter untergliedert (Kräuterbücher, Taxen und anderes). Noch war die Sammlung überschaubar; die einzelnen Objekte wurden auf Karteikarten beschrieben und einer der genannten Gruppen nach Eingangsdatum zugewiesen. Das war praktisch für die ­damals kleine Sammlung, doch für nachfolgende Generationen ist die zweifelsfreie Identifikation eines als »Fayence, Italien« beschriebenen Objektes schwer bis unmöglich.

Beim Umzug des Museums nach Heidelberg 1957 kam es daher zur Überarbeitung der Systematik. Museumsmitarbeiterin Dr. Annelise Stemper (1915 bis 2003) differenzierte die Gruppen weiter aus und ergänzte sie um Laufnummern. Diese Systematik wird bis heute genutzt und ergänzt um neue Objektgruppen, zum Beispiel »EDV«.

Wie setzen sich die Inventargruppen und -nummern im Museum seither zusammen? Neun Haupt-Sachgruppen sind durch römische Ziffern definiert:

I: Rohstoffe und Arzneimittel

II: Apothekenstandgefäße

III: Laborgeräte, Apparaturen, Maschinen, EDV

IV: Krankenpflege, Abgabegefäße, Reiseapotheken et cetera

V: Mörser, Reibschalen und Schneidekammer

VI: Waagen und Gewichte, Rezepturgeräte

VII: Archivalien, Gemälde, Grafiken, ­Fotos, Medaillen sowie Varia (Möbel, Wahrzeichen, Werbung et cetera)

IX: Bild- und Tonträger

XI: Philatelie

Die 1987 gebildete Gruppe VIII wurde aufgelöst. Gruppe X bildete bis 1987 die seither anders systematisierte Bibliothek.

Innerhalb der Hauptgruppen sind Untergruppen mit Großbuchstaben bezeichnet. So gehören zur Gruppe »II« der Apothekenstandgefäße die Untergruppen A = Glas, B = Porzellan, C = Milchglas und so weiter.

Schließlich wird jedem einer Untergruppe zugeordneten Objekt oder Objektkonvolut eine fortlaufende und damit in Verbindung mit der Haupt- und Untergruppe singuläre vierstellige Nummer zugewiesen.

Diese Systematik von Sachgruppen und Untergruppen erlaubt die Klassifizierung aller eingehenden Objekte. Die Gliederung nach Sachgebieten hat viele Vorteile. Bereits die Inventarnummer zeigt die Gruppenzugehörigkeit, zum Beispiel ist »II A 4022« ein Glasstandgefäß, »VI A 0186« eine Waage oder »VII C 1045« eine Fotografie. Auch können Objekte einer Kategorie an einem gemeinsamen Depotstandort gelagert werden (rund zwei Drittel der Sammlung sind magaziniert, also im Depot gelagert). Bei rein numerischer Ordnung dagegen bietet die Inventarnummer keinerlei Objektinformationen, auch würden im Depot verschiedenste Objekte nebeneinander stehen und nur über eine digitale Standorterfassung schnell auffindbar sein.

Seit mehr als 20 Jahren erfolgt die gesamte Inventarisierung im DAM digital, nachdem 2001 die hand- und maschinenschriftlichen Karteikarten in eine Datenbank überführt wurden. Die Datenbank ermöglicht eine umfassendere Dokumentation der Objekte und ein rasches Auffinden der Informationen in den mehr als 25.000 Datensätzen für Einzelobjekte und Konvolute.

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