Wer sticht denn hier – und nicht dort? |
Doch Achtung: Auch einheimische Arten können humanpathogene Arboviren übertragen. Die Gemeine Hausmücke (Culex pipiens), die am weitesten verbreitete Art in Deutschland, kann von infizierten Vögeln das West-Nil-Virus aufnehmen und dieses auf den Menschen – eigentlich ein Fehlwirt – übertragen. »Da unsere heimische Hausmücke Überträger ist, kann man nicht von einer invasiven Art sprechen«, sagte Schmidt-Chanasit.
Das West-Nil-Virus wurde erstmals im Sommer 2018 in Deutschland nachgewiesen. In den vergangenen Jahren gab es in Deutschland vereinzelte Fälle von Übertragungen durch die Gemeine Hausmücke auf den Menschen; ein Mann in Berlin kam zu Tode. Laut Schmidt-Chanasit ist das West-Nil-Virus ein Beispiel dafür, dass ein Erreger, der lange auf tropische Klimazonen beschränkt war, sich zumindest jahreszeitenabhängig in Deutschland etablieren kann. »Sein Verbreitungsvektor ist aber ganz anders als der von Dengue-, Chikungunya- und Zika-Viren: West-Nil-Viren konnten sich sehr effizient über Zugvögel verbreiten. Inzwischen haben sie sich in hiesigen Vogelpopulation festgesetzt.«
Schmidt-Chanasit erwartet in Zukunft kleinere Cluster an Ausbrüchen für den Spätsommer, die im Herbst wieder vorüber sind. Aufgrund veränderter Vogelflugrouten fürs Überwintern »treten die Infektionsherde beim Menschen im Spätsommer auf, weil sich die Mücken dann bei den Vögeln infizieren. Das West-Nil-Virus wird bei uns also nicht endemisch werden«.
Infektionen verlaufen fast immer sehr mild, oft sogar asymptomatisch, informierte der Tropenmediziner. Mit einer Manifestation von 1 zu 50 entwickeln Infizierte Beschwerden, die einer Sommergrippe mit Fieber, Muskelschmerzen und geschwollenen Lymphknoten gleichen. Mit einer Manifestation von 1 zu 50 verläuft die Erkrankung sehr schwer, in neuroinvasiver Form, die mit einer Meningoenzephalitis oder Enzephalitis einhergeht. Vor allem Menschen über 50 Jahren reagierten mit schweren Verläufen und Folgeschäden. Bei der Diagnose sei man freilich auf aufmerksame Hausärzte angewiesen, die das West-Nil-Virus als potenzielle Erkrankungsursache bei ihren Patienten erkennen und die entsprechenden Proben einschicken. Die Entwicklung eines Impfstoffes stecke noch in den Kinderschuhen.