Wer auf eine ausreichende Versorgung achten muss |
Fleisch, Fisch und Milchprodukte sind wichtige Vitamin-B12-Lieferanten. / Foto: Adobe Stock/bit24
Vitamin B12 benötigt der Körper für zahlreiche Funktionen. Anämie, Blässe und Müdigkeit, aber auch Zungenbrennen und Mundwinkel-Rhagaden sind unspezifische Anzeichen, die auch auf einen Mangel an Vitamin B12 hinweisen können. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat Schätzwerte für die täglich empfohlenen Zufuhrmengen veröffentlicht. Für Jugendliche und Erwachsene liegt derWert bei 4,0 µg, für Schwangere bei 4,5 µg und für Stillende bei 5,5 µg.
Der Körper erhält das Vitamin praktisch ausschließlich aus Nahrung tierischer Herkunft. Dort liegt es in Form unwirksamer, an Proteine gebundener Vorstufen vor. Um diese für den Organismus verfügbar zu machen, müssen sie zunächst aus diesem Verbund gelöst und an Intrinsic Factor (IF) gebunden werden. Diese Verbindung wird im Ileum wieder gespalten und das B-Vitamin resorbiert.
Werden die empfohlenen Zufuhr-Mengen vorübergehend nicht erreicht, entsteht nicht unmittelbar ein Mangel, da der Körper vor allem in der Leber über ein Depot verfügt, das die Versorgung für einige Zeit sicherstellt. Langfristig können dennoch eine nicht ausreichende Zufuhr über die Ernährung, ein erhöhter Vitamin-Bedarf, eine verminderte Aufnahme durch Resorptionsstörungen und/oder die Einnahme bestimmter Arzneimittel sowie Kombinationen aus diesen Faktoren in eine unzureichende Versorgung oder einen Vitamin-B12-Mangel münden.
Eine vegane oder vegetarische Ernährung sind ein häufiger Grund für eine nicht ausreichende Zufuhr von Vitamin B12 über die Ernährung, da das Vitamin praktisch ausschließlich in Lebensmitteln tierischen Ursprungs vorkommt. Die DGE rät daher Menschen, die sich vegan ernähren, dauerhaft ein Vitamin-B12-Präparat einzunehmen und die Versorgung regelmäßig ärztlich überprüfen zu lassen. Zwei Werte können hierzu herangezogen werden. Die Bestimmung des Gesamt-Vitamin-B12-Werts im Serum, mit dem allerdings vorwiegend die inaktive Speicherform gemessen wird, und – zuverlässiger – des Holotranscobolamins (Holo-TC), das Aussagen über das aktive Vitamin B12 erlaubt.
Eine unzureichende Versorgung trotz ausreichendem B12-Gehalt in der Ernährung kann eine Folge von Resorptionsstörungen sein. Zu diesen kann es kommen, wenn nicht in ausreichendem Maße Magensäure produziert wird. Diese ist erforderlich, um das Vitamin aus seinen Proteinbindungen herauszulösen. Häufige Ursachen hierfür sind etwa eine atrophische Gastritis oder eine chronische Infektion mit dem Magenkeim Helicobacter pylori, wie sie beide in zunehmendem Alter häufiger auftreten. Auch anhaltender, regelmäßiger Alkoholkonsum kann ein Entzündungsgeschehen im Magen begünstigen. Fehlt IF, vermindert sich ebenfalls der Anteil des verwertbaren Cobalamins aus der Nahrung. Ältere Menschen, aber auch Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder nach einer (Teil-)Entfernung des Magens oder mit einem Magen-Bypass bilden daher ebenfalls eine Risiko-Gruppe für eine unzureichende Versorgung mit Vitamin B12.
Arzneistoffe können die Versorgung mit Vitamin B12 auf verschiedene Weise beeinträchtigen. Zu den betroffenen Wirkstoffen gehören solche, die die Magensäure binden (Antazida) beziehungsweise deren Bildung herabsetzen (Protonenpumpen-Inhibitoren). Sie vermindern den Anteil des verfügbaren Cobalamins aus der Nahrung, da dieses nicht mehr in ausreichendem Ausmaß aus seinen Verbindungen abgespalten werden kann.
Über welche Mechanismen das orale Antidiabetikum Metformin die Vitamin-B12-Versorgung beeinträchtigt, ist noch nicht abschließend geklärt. Diskutiert werden unter anderem eine Störung der Calcium-abhängigen Bindung des IF-Vitamin-B12-Komplexes an den Cubilin-Rezeptor auf Enterozyten auf Höhe des Ileums, eine Wechselwirkung mit dem endozytischen Cubilin-Rezeptor und eine Veränderung der Dünndarm-Motilität, die zu einer bakteriellen Überwucherung des Dünndarms und anschließender Hemmung der Absorption des IF-Vitamin-B12-Komplexes im distalen Ileum führt.
Erst kürzlich wies die britische Arzneimittelbehörde auf das Risiko hin, insbesondere bei höherer Dosierung und längerer Behandlungsdauer. Vor allem bei Patienten, bei denen mehrere Risikofaktoren zusammenkommen, könnte eine regelmäßige Überwachung erforderlich sein. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft hob außerdem das Risiko hervor, dass Anzeichen eines B12-Mangels bei Diabetes-Patienten als alters- oder diabetesbedingt (zum Beispiel als Polyneuropathie) fehlgedeutet werden könnten.
Wie viel Vitamin B12 und auf welchem Wege sollte es zugeführt werden? Entsteht das Defizit ausschließlich durch eine vegane/vegetarische Ernährung, eignet sich eine Zufuhr in niedriger Dosierung, da nur das fehlende Nahrungs-B12 ergänzt werden muss. Bei Störungen der Resorption sind höhere Dosierungen oder eine parenterale Gabe erforderlich. Lange Zeit ging man davon aus, dass bei verminderter Magensäure beziehungsweise fehlendem IF ausschließlich eine parenterale Gabe infrage kommt. Heute weiß man, dass bei der Gabe hoher Dosen auch eine dosisabhängige passive Diffusion des Vitamins stattfindet, die für eine Sicherstellung der Versorgung häufig ausreicht.
Hohe Dosierungen eignen sich jedoch nicht für Personen, die sich ausgewogen und vollwertig ernähren und trotzdem Supplemente einnehmen möchten. So weist der Krebsinformationsdienst anderem auf die VITAL-Studie (VITamins And Lifestyle Kohortenstudie) hin. Danach zeigte sich vor allem bei Männern, die rauchten oder geraucht haben und langfristig Vitamin-B-Präparate einnahmen, ein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs. Der Krebsinformationsdienst rät dieser Personengruppe, sich an den Referenzwerten der DGE zu orientieren. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung sollte die Zufuhr aus Supplementen 25 µg täglich nicht überschreiten.