Wenn Metformin nicht reicht |
Daniela Hüttemann |
01.11.2018 14:06 Uhr |
In der Diabetestherapie kommt es vor allem darauf an, den Langzeit-Blutzuckerwert HbA1c zu senken.
Die American Diabetes Association (ADA) und die European Association for the Study of Diabetes (EASD) haben im Oktober ihre überarbeiteten Konsensus-Empfehlung zur Therapie des Typ-2-Diabetes bei Erwachsenen in ihren Fachjournals »Diabetes Care« und »Diabetologia« veröffentlicht. Die letzte Leitlinie stammt aus dem Jahr 2015. In die neuen Empfehlungen flossen die Ergebnisse großer klinischer Studien, die nach 2014 veröffentlicht wurden, mit ein.
Ist eine medikamentöse Therapie indiziert, ist und bleibt Metformin das Mittel der Wahl, wenn möglich zunächst als Monotherapie. Wird der angestrebte HbA1c nicht erreicht, sollte das zweite Arzneimittel nach kardiovaskulärer Vorerkrankung, Hypoglykämie-Risiko, gewünschtem Gewichtsverlust oder auch den Kosten ausgesucht werden. Liegt eine kardiovaskuläre Erkrankung vor, sollen SGLT-2-Inhibitoren, die sogenannten Gliflozine, oder GLP-1-Agonisten zum Einsatz kommen. Dabei sollen diejenigen präferiert werden, für die ein kardiovaskulärer Nutzen in klinischen Studien nachgewiesen wurde. Das sind auf der einen Seite zum Beispiel Empagliflozin und Canagliflozin sowie auf der anderen Seite Liraglutid, Semaglutid und Exenatid mit verzögerter Wirkstoffreisetzung.
Für Patienten mit Herzinsuffizienz und atherosklerotischer Erkrankung sind SGLT2-Hemmer mit erwiesenem kardiovaskulärem Nutzen als Kombinationspartner zu Metformin zu bevorzugen. Gleiches gilt bei noch ausreichender Organleistung auch für Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung.
Leiden die Patienten vermehrt unter Hypoglykämien, sollte als zweites Medikament ein DPP-4-Inhibitor (Gliptin), ein GLP1-Agonist, ein SGLT-2-Hemmer oder ein Insulin-Sensitizer (Glitazon) in niedriger Dosierung hinzugenommen werden. Steht die Gewichtsreduktion im Fokus, sind SGLT-2-Hemmer oder GLP-1-Agonisten mit entsprechend belegten Effekten angezeigt. Das gilt für in absteigender Reihenfolge für Semaglutid, Liraglutid, Dulaglutid, Exenatid und Lixisenatid. Grundsätzlich geben die Fachgesellschaften mittlerweile den GLP-1-Agonisten, die alle injiziert werden müssen, den Vorzug gegenüber Insulin.
Lebensstiländerungen wie eine gesunde Ernährung und mehr Bewegung wird allen Patienten angeraten. Alle Patienten sollten an Diabetes-Selbstmanagement-Programmen teilnehmen, lautet demnach auch die Empfehlung. Ein Baustein solcher Programme soll auch die Adhärenz-Förderung sein. Den Autoren zufolge sei die Adhärenz bei fast der Hälfte der Diabetiker suboptimal. Gründe, warum sich die Patienten nicht an ihre Medikation halten sind unter anderem eine aus ihrer Sicht mangelnde Wirksamkeit, die Angst vor Unterzuckerungen oder andere unerwünschte Arzneimittelwirkungen.
Daher sollte der Patient bei der Auswahl des für ihn am besten geeigneten Antidiabetikums miteinbezogen werden. Selbst wenn klinische Daten die Wahl einer bestimmten Medikation nahelegen, sollte der Patientenwunsch zur Applikationsform, Nebenwirkungen und gegebenenfalls auch der Kosten miteinbezogen werden, wobei letzteres in Deutschland kaum eine Rolle spielen dürfte.
Bei Therapieresistenzen, also wenn eine Behandlung nicht erfolgreich intensiviert werden kann, sollte in interdisziplinären Teams mit speziell geschulten Pflegekräften oder Apothekern gearbeitet werden, heißt es in der Veröffentlichung.
Als empfehlenswerte Ernährungsweisen werden explizit die mediterrane Ernährung (»Mittelmeer-Diät«), die DASH-Diät (Dietary Approaches to stop Hypertension) sowie eine Low-Carb-Diät mit geringem Kohlenhydrat-Anteil oder vegetarische Ernährung genannt. Die Autoren betonen aber auch, dass es keine allgemeingültige Formel für das Verhältnis von Kohlenhydraten, Proteinen und Fett in der Ernährung für Menschen mit Typ-2-Diabetes gibt. Als empfohlene Sportarten werden Laufen, Fahrradfahren , Schwimmen, Krafttraining, Yoga und Tai Chi genannt.
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