Wenn Essen allein nicht ausreicht |
Die meisten Trinknahrungen können wie gewöhnliche Zutaten genutzt und so in Speisen »versteckt« werden. / © Adobe Stock/Anna
Flüssig, halbfest oder Pulver, vollständig oder teilweise bilanziert, normo- oder hochkalorisch, zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) oder aus eigener Tasche zu zahlen – dies sind nur einige Fragen, die sich stellen, wenn Patienten für sich oder einen Angehörigen »Astronautennahrung« erwerben möchten. Inzwischen gibt es eine breite Palette an Produkten und die Übersicht zu behalten, fällt mitunter schwer.
Es gibt zahlreiche mögliche Gründe, weswegen sich der Nährstoffbedarf über die tägliche Ernährung nicht vollständig decken lässt. So kann dieser erhöht sein, etwa bei einer Krebserkrankung, und/oder wenn das Essen schwerfällt. Entzündungen im Mund, Probleme beim Kauen oder Schlucken sind nur einige Beispiele. Außerdem kann die Aufnahme von Nährstoffen aus der Nahrung vermindert sein, etwa bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. In der Folge erhöht sich das Risiko für eine Mangelernährung, die wiederum bestehende gesundheitliche Probleme und Erkrankungen verschlechtern kann. Betroffenen fehlt es häufig an Kraft und Energie, Wunden heilen schlechter – dies sind nur zwei häufige von verschiedenen möglichen Folgen. Trinknahrung kann eine einfach anzuwendende Option darstellen, den Bedarf zu decken. Um ein geeignetes Produkt zu finden, sollte zu einem Arztbesuch geraten werden, denn unter anderem Grunderkrankungen müssen bei der Auswahl berücksichtigt werden.
»Astronautennahrung« zählt zu den Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke. Diese dienen dazu, die Nährstoffversorgung von Menschen mit Einschränkungen oder Erkrankungen zu gewährleisten. Die GKV übernimmt die Kosten, wenn ihre Anwendung medizinisch notwendig ist. Eine wichtige Voraussetzung ist außerdem, dass der Nährstoff- und Energiebedarf sich nicht durch andere Maßnahmen decken lässt. Diese können beispielsweise in energiereichen Zwischenmahlzeiten oder kalorienreichen Anreicherungen der bestehenden Ernährung bestehen, etwa durch einen Zusatz von Sahne, Butter oder pflanzlichen Ölen.
Trinknahrung kann ergänzend zur bestehenden Ernährung verwendet werden oder diese vollständig ersetzen. Während im ersten Fall sowohl voll- als auch teilbilanzierte Produkte verwendet werden können, eignen sich für einen vollständigen Ersatz nur vollbilanzierte Produkte. Teilbilanzierte Produkte können auf bestimmte Patientengruppen optimiert sein.
Zur Verfügung stehen unter anderem normo- oder hochkalorische Trinknahrungen. Erstere eignen sich für Patienten mit einem normalen, Letztere für Patienten mit einem erhöhten Energiebedarf, etwa nach einer ungewollten Gewichtsabnahme durch eine Krebserkrankung. Aber auch Patienten, denen es schwerfällt, überhaupt etwas zu sich zu nehmen, können auf hochkalorische Produkte zurückgreifen.
Gebrauchsfertige Trinknahrungen enthalten üblicherweise eine Energiemenge von 1,2 bis 3,2 kcal pro ml Getränk in Portionen von 200 oder 300 ml. Neben flüssiger Trinknahrung gibt es außerdem halbfeste Zubereitungen, die wie ein Pudding gegessen werden können, sowie Pulverzubereitungen, die portionsweise mit Wasser oder Milch angerührt werden. Halbfeste Zubereitungen (zum Beispiel Nutilis® oder Fresubin® Yocrème) können von Betroffenen mit Schluckstörungen leichter konsumiert werden als flüssige Zubereitungen.
Neben zahlreichen süßen Geschmacksrichtungen, beispielsweise Schokolade, Cappuccino oder verschiedene Früchte, stehen je nach Hersteller einige mit herzhaftem Geschmack zur Verfügung, zum Beispiel mit Tomaten-, Champignon- oder Spargelgeschmack (Fresubin®) beziehungsweise Gemüse oder Hähnchencurry mild (Nutricomp®). Sie können in einer Tasse oder Schüssel in der Mikrowelle auf maximal 60 °C erhitzt werden. Höhere Temperaturen sollten vermieden werden, damit die Nährstoffe möglichst erhalten bleiben.
Ernährungsdefizite abbauen, sich wieder kräftiger fühlen – das klingt gut, klappt aber nicht immer. In der Beratung hören Apothekenteams nicht selten, dass den Betroffenen die Trinknahrung nicht schmeckt und diese daher nicht oder allenfalls widerwillig akzeptiert wird. Liegt es am verwendeten Produkt, kann ein Wechsel auf eine andere Geschmacksrichtung versucht werden. Mancher löffelt lieber eine Creme als etwas zu trinken, weshalb halbfeste Zubereitungen eine gute Wahl sein können.
Häufig werden die Produkte von den Betroffenen besser angenommen, wenn sie diese gekühlt zu sich nehmen. Trinknahrung kann auch – beispielsweise in einem Eiswürfelbehälter – eingefroren und portionsweise als Eis gegessen werden. Werden die Portionen als zu groß empfunden, kann ein Aufteilen in kleinere Portionen versucht werden. Die Produkte sind in der Regel nach Anbruch im Kühlschrank 24 Stunden haltbar. Wichtig: Angerührte Zubereitungen sind nicht haltbar; sie müssen sofort verzehrt werden.
Eine Mahlzeit ansprechend anrichten und es sich beim Essen gemütlich machen – das wird häufig empfohlen, wenn Patienten über mangelnden Appetit klagen. Auch für Trinknahrungen kann dies beherzigt werden. Statt direkt aus dem Trinkpäckchen oder Plastikbecher können Flüssigkeiten in einem Glas, Cremes in einem Dessertschälchen und Suppen auf einem passenden Teller angeboten werden.
Zwar sollen die Produkte nicht verdünnt werden, doch nichts spricht gegen Ergänzungen: ein paar Beeren auf dem Getränk, gemischt mit Speiseeis als kühles Dessert, mit Obstsalat zu einer Creme oder mit frischen Kräutern oder geriebenem Käse zu einer Suppe. Verschiedene Produkte eignen sich außerdem zur Zubereitung von Speisen. Rezeptideen gibt es unter anderem bei www.was-essen-bei-krebs.de und bei den Herstellern von Trinknahrungen. So lässt sich ein als künstlich empfundener Geschmack überdecken und gleichzeitig die Mahlzeit appetitlich anrichten.