Wenn Bewegung schmerzt |
Medikamentöse Therapien akuter Beschwerden bilden unterstützende Optionen, damit Betroffene sich möglichst rasch wieder (schmerzfrei) bewegen können. Denn Schonung kann die Beschwerden verschlimmern. / Foto: Shutterstock/TB studio
Während muskuloskelettale Schmerzsyndrome der Wirbelsäule bei jüngeren Menschen meist durch muskuläre Dysbalancen und Haltungsfehler hervorgerufen werden, stehen bei älteren Menschen degenerative Veränderungen an den Bandscheiben und Wirbelkörpern im Vordergrund. Aber auch mögliche medikamentöse Ursachen gilt es vor einer Selbstmedikation zu prüfen. So kommen als Auslöser für Muskelschmerzen unter anderem Statine infrage. Was diese mit Muskelzellen machen, untersuchte eine im vergangenen Jahr veröffentlichte Studie. Schmerzen an Muskeln, Sehnen und Gelenken sind außerdem eine häufige Nebenwirkung einer antiestrogenen Therapie im Rahmen einer Brustkrebserkrankung. Auch bei Verdacht auf eine ernste Grunderkrankung ist dem Patienten ein Arztbesuch anzuraten, etwa wenn weitere Symptome wie Fieber, Sensibilitätsstörungen oder Taubheitsgefühle auftreten.
Zu den häufigsten Beschwerden gehören Kreuzschmerzen. Die Deutsche Rückenschmerzstudie 2003/2006 ergab, dass bis zu 85 Prozent der Bevölkerung in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben Kreuzschmerzen bekommen. Medikamentöse Therapien akuter Beschwerden bilden unterstützende Optionen, damit Betroffene sich möglichst rasch wieder (schmerzfrei) bewegen können, denn Bewegung bildet die Basis, um für eine kräftige und ausgewogene Muskulatur und für stabile Knochen zu sorgen. Ausdrücklich keine Empfehlung gibt es in den allermeisten Fällen für Bettruhe als Therapiemaßnahme. Physikalische und physiotherapeutische Verfahren spielen hingegen eine wichtige Rolle.
In der Selbstmedikation stellt bei leichteren Beschwerden die topische Anwendung von Zubereitungen mit verschiedenen ätherischen Ölen eine häufig eingesetzte Therapieoption dar. Zu diesen gehören Latschenkiefernöl, Eukalyptusöl, Rosmarinöl oder Pfefferminzöl. Häufig finden sie sich in Kombinationen. Sie können die Durchblutung anregen und eine verspannte Muskulatur lockern.
Zur lokalen Schmerzlinderung können topische Zubereitungen mit NSAR wie Diclofenac (zum Beispiel Voltaren®), Flufenaminsäure (etwa Mobilat®) oder Ibuprofen (etwa Ibutop®) eingesetzt werden. Neben den klassischen Cremes, Gels und Salben gibt es wirkstoffhaltige Pflaster, die den jeweiligen Arzneistoff über einen längeren Zeitraum freigeben. Laut Leitlinie »Nicht spezifischer Kreuzschmerz« fehlt zwar für die topische Anwendung von NSAR ein durch Studien belegter Nachweis der Wirksamkeit, im Rahmen der Selbstmedikation sei ihr Einsatz jedoch vertretbar, so die Autoren. Für Patienten, die Phytopharmaka bevorzugen, stellen Beinwell-haltige Salben (etwa Kytta® Schmerzsalbe) eine wirksame Alternative dar.
Stark durchblutungsfördernd wirken Capsaicin und Capsaicinoide (zum Beispiel ABC-Wärmepflaster Capsicum) sowie Nicotinsäure-Derivate (zum Beispiel Kytta® Wärmebalsam). Durch beide kommt es über Substanz P, die eine Vasodilatation und eine Ausschüttung von Histamin bewirkt, zu einer deutlichen Mehrdurchblutung. Diese erfolgt durch das ausgeschüttete Histamin nicht nur am Applikationsort. Neben der Muskelentspannung kommt es zu einer Unterdrückung der Schmerzübertragung.
Zu einer Muskelentspannung führt auch die Anwendung physikalischer Wärme. Entsprechende Auflagen (etwa Thermacare®) enthalten eine Mischung aus Aktivkohle und Eisenpulver, die nach Kontakt mit Luftsauerstoff über Stunden Wärme abgeben. Da sie auf der Haut fixiert werden, können sie auch beispielsweise bei der Arbeit getragen werden. Fangopackungen (etwa Fangotherm®) eignen sich für den Einsatz zu Hause. Sie werden im Wasserbad, in der Mikrowelle oder im Backofen erhitzt und können etliche Male wiederverwendet werden. Die Leitlinie Kreuzschmerz bewertet Wärmetherapien positiv, wenn sie in Kombination mit aktivierenden Maßnahmen eingesetzt werden.
Zur kurzzeitigen Behandlung von Schmerzen des Bewegungsapparates stellen systemisch angewendete NSAR eine wichtige Therapieoption dar. Sie sind gut und rasch wirksam. Für die Selbstmedikation verfügbar sind Ibuprofen bis 400 mg (etwa Dolormin®), Diclofenac bis 25 mg (etwa Voltaren® Dolo) und Naproxen bis 250 mg (etwa Dolormin® GS mit Naproxen). Bei längerfristiger Anwendung und/oder in höherer Dosierung besteht ein Risiko für gastrointestinale oder kardiovaskuläre Nebenwirkungen. Diese sollte daher unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.
Auch innerlich angewendete Analgetika sollen den Weg zurück zu schmerzfreier Bewegung erleichtern. Sind die Schmerzen durch Verspannungen und Fehlbelastungen bedingt, stellen lockernde und kräftigende Übungen eine sinnvolle Ergänzung dar. Auch bei Beschwerden durch eine Arthrose ist Ruhe zumeist keine Option. Hier eignen sich belastungsfreie Übungen, die die Beweglichkeit der Gelenke erhalten helfen, für deren Durchblutung sorgen und langfristig dazu beitragen, die stützende Muskulatur zu erhalten und zu stärken.