Weniger Injektionen mit Brolucizumab |
Kerstin A. Gräfe |
01.04.2020 08:00 Uhr |
Die Zulassung basiert auf den Ergebnissen der Head-to-Head-Studien HAWK und HARRIER. In den Phase-III-Studien wurden insgesamt 1817 Patienten zwei Jahre lang entweder mit Brolucizumab oder mit Aflibercept behandelt. Der primäre Endpunkt war die Veränderung der bestmöglich korrigierten Sehschärfe (Best Corrected Visual Acuity, BCVA) bis Woche 48 gegenüber dem Ausgangswert. Dieser wurde anhand des Buchstaben-Scores ETDRS (Early Treatment Diabetic Retinopathy Study) ermittelt. Primäres Ziel war, die Nichtunterlegenheit von Brolucizumab gegenüber Aflibercept zu zeigen.
In beiden Studien zeigte Beovu, das entweder alle zwölf Wochen oder alle acht Wochen verabreicht wurde, eine nicht unterlegene Wirksamkeit gegenüber 2 mg Aflibercept, das alle acht Wochen gegeben wurde. Die im ersten Jahr beobachtete Zunahme der Sehschärfe blieb im zweiten Jahr erhalten.
In Bezug auf zentrale sekundäre Endpunkte war Brolucizumab gegenüber Aflibercept überlegen. Bei signifikant weniger Patienten kam es zu intra- und / oder subretinalen Flüssigkeitsansammlungen. Diese sind ein Marker für die Krankheitsaktivität. Darüber hinaus zeigte Brolucizumab in den Wochen 16 und 48 eine Überlegenheit hinsichtlich der Verringerung der zentralen Netzhautdicke, ein weiterer Indikator für retinale Flüssigkeit. Die im ersten Jahr beobachteten Veränderungen hielten im zweiten Jahr an.
Die häufigsten Nebenwirkungen waren verminderte Sehschärfe, Katarakt, Bindehautblutung und sogenannte fliegende Mücken (Mouches volantes).
Beovu ist im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C zu lagern. Vor der Anwendung kann die ungeöffnete Durchstechflasche bis zu 24 Stunden bei Raumtemperatur (unter 25 °C) aufbewahrt werden.
Brolucizumab ist eine weitere Therapieoption für die feuchte altersabhängige Makuladegeneration. Der Wirkmechanismus ist nicht innovativ und bereits von anderen Angiogenese-Hemmern bekannt, die erfolgreich bei dieser Erkrankung eingesetzt werden. Wie Ranibizumab hemmt Brolucizumab mit hoher Affinität den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor A. Und wie die anderen Biologika muss auch Brolucizumab intravitreal injiziert werden. Den primären Endpunkt erreichte der neue Wirkstoff in den für die Zulassung relevanten Studien. Das war allerdings »nur« die Nichtunterlegenheit gegenüber Aflibercept.
Einen gewissen therapeutischen Fortschritt und damit die vorläufige Einstufung bei den Schrittinnovationen bringen unter anderem die Ergebnisse bei sekundären Endpunkten. Beispielsweise zeigte sich mit Blick auf die intra- und / oder subretinale Flüssigkeit eine Überlegenheit im Vergleich zu Aflibercept. Ein Punkt für den Neuling also, denn eine möglichst trockene Retina stellt ein wichtiges Behandlungsziel dar. Ein zweiter Punkt für den Neuling ist, dass entsprechend geeignete Patienten nach dem ersten Quartal, in dem monatlich gespritzt wird, sofort auf die dreimonatliche Gabe wechseln können. Eine reduzierte Injektionsfrequenz bedeutet für die Patienten weniger Therapielast und mehr Lebensqualität. Last but not least trägt auch die Struktur von Brolucizumab zur Einstufung als Schrittinnovation bei: Es handelt sich um ein einzelkettiges Antikörperfragment mit einer für ein Biologikum geringen Größe. Das könnte zum Beispiel eine verbesserte Gewebepenetration bedeuten.
Sven Siebenand, Chefredakteur