Was verbirgt sich hinter dem »HERA Incubator«? |
Am Mittwoch kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an, die Ausbreitung von Virusmutationen EU-weit koordiniert bekämpfen zu wollen. / Foto: Imago images/Xinhua
Angesichts Coronavirus-Mutationen, die sich auch in Deutschland in den vergangenen zwei Wochen rasant ausgebreitet haben, wird nun die Europäische Union (EU) aktiv. Dafür kündigte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, am Mittwoch an, den sogenannten HERA Incubator ins Leben zu rufen. Doch was verbirgt sich hinter diesem mysteriös klingenden Begriff?
Bei dem HERA Incubator handelt es sich um eine Abkürzung für »European Health Emergency Preparedness and Response Authority«, kurz HERA. Das Vorbild der neu kreierten Institution ist die US-amerikanische Behörde für biomedizinische Forschung BARDA, eine nachgeordnete Behörde des US-Gesundheitsministeriums. Die Biomedical Advanced Research and Development Authority (BARDA) wurde 2006 gegründet und unterstützt mittels öffentlich-privater Partnerschaften die Forschung, Entwicklung und Zulassung von Medikamenten und Impfstoffen, die beispielsweise für die Bekämpfung von Pandemien benötigt werden.
Der Incubator soll nun als »Blaupause für die langfristige Vorsorge der EU für Gesundheitsnotstände« eingeführt werden. So schreibt es die EU-Vertretung in Deutschland in dem Informationsschreiben »EU-Nachrichten«. Damit soll die Behörde künftig für die Krisenvorsorge und –reaktion bei gesundheitlichen Notlagen zum Tragen kommen und auch über die Coronavirus-Pandemie hinaus bestehen bleiben. Der Incubator soll die Wissenschaft, Wirtschaft und öffentliche Einrichtungen vereinen.
Ganz konkret sollen zunächst die Genomsequenzierung und die Entwicklung spezialisierter Tests gefördert und gesteigert werden. Die EU möchte hierfür 75 Millionen Euro bereitstellen. Ziel ist es laut der »EU-Nachrichten« bei 5 Prozent der positiven Tests eine Genomsequenzierung zum Nachweis neuer Mutationen durchzuführen. Damit könnte die Ausbreitung in der Bevölkerung überwacht und die Auswirkungen auf die Übertragbarkeit analysiert werden. Aber nicht nur die Sequenzierung, sondern auch der Austausch von Daten soll gefördert werden. Für diesen Datenaustausch und die Forschung sollen weitere 150 Millionen Euro aus EU-Mitteln fließen.
Weiter kündigte die EU an, künftig angepasste Covid-19-Impfstoffe per beschleunigtem Verfahren zügiger zulassen zu wollen. Dieses Modell basiere auf der Grundlage der jährlichen Grippe-Impfstoffdosen. Wichtig sei aber zu betonen, dass dies keine Notfallzulassungen seien, sondern die ordentliche Marktzulassung über die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) beibehalten werde.
Um zügig auch Kinder und Jugendliche gegen Covid-19 impfen zu können, möchte die EU ein Netzwerk namens »Vaccelerate« aufbauen, an dem 16 Mitgliedstaaten und fünf weitere Länder, etwa die Schweiz oder Israel, beteiligt sind. Über dieses EU-weite Netzwerk soll ein einfacherer Datenaustausch von klinischen Studiendaten gerade mit Blick auf die klinischen Prüfungen für Kinder und Jugendliche möglich sein.
Auch die Produktionskapazitäten der Impfstoffe sollen ausgebaut werden. Dafür will die EU-Kommission Abnahmegarantien erhöhen oder neue Abnahmegarantien mit Herstellern, die an angepassten Impfstoffen arbeiten, abschließen.
Von der Leyen erklärte, die europaweite Impfkampagne nehme an Fahrt auf. Bis Donnerstag seien »etwa 33 Millionen Impfdosen ausgeliefert worden«. Davon hätten 22 Millionen Menschen bereits mindestens eine Dosis bekommen, 7 Millionen sogar schon die zweite Impfdosis.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.