Pharmazeutische Zeitung online
Epidemie in China

Was über das neue Coronavirus bislang bekannt ist

Die Zahl nachgewiesener Erkrankungen steigt weiter – Experten sehen das neue Virus aus der Familie der Coronaviren vor allem für Menschen mit schweren Vorerkrankungen als Gefahr an. Schlangen könnten das Reservoir sein.
PZ/dpa
24.01.2020  10:02 Uhr

Update 27. Januar: Stand Montagmorgen gibt es bislang fast 2.800 bestätigte Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus mit dem vorläufigen Kürzel 2019-nCoV. Die Zahl der Toten in China durch die neue Lungenkrankheit ist auf 80 gestiegen  und dürfte weiter anwachsen, da es viele sehr schwer Erkrankte in den Kliniken gibt. Es sind weiter zumeist ältere Menschen mit schweren Vorerkrankungen betroffen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sah auch am Donnerstagabend keinen Grund, eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite auszurufen. »Es ist nicht der richtige Zeitpunkt«, sagte der Vorsitzende des Notfallsausschusses, Didier Houssin. Er verwies darauf, dass es im Ausland bislang nur wenig Fälle gebe, und dass China bereits selbst weitreichende Vorkehrungen getroffen habe. WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte, China habe diejenigen Maßnahmen getroffen, die es für angemessen halte. »Wir hoffen, dass sie effektiv und von kurzer Dauer sind.« Die WHO empfehle keinerlei Reise- oder Handelsbeschränkungen. Die WHO nehme den Ausbruch aber extrem ernst, sagte WHO-Chef Tedros. »Es ist noch keine Notlage von internationaler Tragweite, aber das kann es noch werden.«

Eingeschleppte Einzelfälle der neuen Lungenkrankheit sind deutschen Infektionsspezialisten zufolge auch hierzulande »wahrscheinlich«. Grund zur Besorgnis gebe es aber nicht, teilte die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie am Donnerstag mit. Kliniken bereiteten sich aktuell vor, um auf diese Fälle schnell reagieren zu können.

Wichtig sei jetzt vor allem, Ärzte und medizinisches Personal in Kliniken und Praxen zu sensibilisieren, um Verdachtsfälle schnell zu finden, hieß es. Mit der richtigen Behandlung könne sichergestellt werden, dass Mitpatienten und Klinikpersonal nicht gefährdet werden und die Infektion nicht weiterverbreitet wird. Auch das Robert Koch-Institut (RKI) gibt im Internet an, dass mit »einem Import einzelner Fälle nach Deutschland« gerechnet werden müsse. Das Risiko für die Bevölkerung hierzulande werde »zurzeit als gering eingeschätzt« (Stand 23. Januar).

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mahnte zu Besonnenheit. »Wir nehmen das sehr ernst, wir sind wachsam, aber mit kühlem Kopf auch gleichzeitig«, sagte der CDU-Politiker am Donnerstagabend in den »Tagesthemen«. Das Auswärtige Amt in Berlin riet dazu, nicht notwendige Reisen in die betroffenen Gebiete zu verschieben. Das Risiko für deutsche Reisende in Wuhan werde als »moderat« eingeschätzt.

Das Virus und sein Ursprung

Es handelt sich um ein neuartiges Coronavirus mit dem Kürzel 2019-nCoV. Chinesische Wissenschaftler haben am 10. Januar die Genomsequenz aus einer Probe eines Infizierten veröffentlicht. Demnach gibt es viele Ähnlichkeiten mit dem SARS-Erreger, vor allem bei den sogenannten Envelope-Proteinen der Virushülle. Coronaviren haben spezielle Spike-Proteine auf der Oberfläche, die ihnen unter dem Elektronenmikroskop ihren charakteristischen Kranz (lateinisch corona) verleihen.

Bei den SARS-Viren können diese Spike-Glykoproteine an den humanen transmembranen ACE2-Rezeptor der menschlichen Wirtszelle binden. Das ist der Angiotensin-Converting Enzyme-2-Rezeptor. Er ist homolog, aber nicht identisch mit dem bekannten ACE aus dem Renin-Angiotensin-System. Er wird im Herzen, in der Lunge und im Gastrointestinaltrakt exprimiert. Laut einem aktuell im Fachjournal »JAMA« veröffentlichten Artikel (DOI: 10.1001/jama.2020.0757) könnte das neue Coronavirus wie SARS-CoV in der Lage sein, den ACE2-Rezeptor zu nutzen.

Die Epidemie hat ihren Ausgangspunkt möglicherweise auf einem Markt in der Millionenstadt Wuhan, auf dem neben Geflügel auch Wildtiere wie Fledermäuse und Schlangen verkauft wurden. Chinesische Wissenschaftler veröffentlichten am Donnerstag im »Journal of Medical Virology«  (DOI: 10.1002/jmv.25682) eine Analyse, wonach 2019-nCoV ein rekombinantes Virus aus einem Fledermaus-Coronavirus und einem weiteren Coronavirus unbekannter Quelle sein könnten. Die Forscher vermuten, dass es sich dabei um Schlangen handelt. Um welche Art genau, schreiben sie nicht.

Symptome und Inkubationszeit

Typische Symptome einer Atemwegserkrankung mit 2019-nCoV sind nach derzeitigem Wissensstand Fieber, trockener Husten und Kurzatmigkeit. Die Inkubationszeit beträgt meist etwa zehn Tage. Wie der Direktor der nationalen Gesundheitskommission, Ma Xiaowei, am 26. Januar in Peking berichtete, sei die kürzeste registrierte Zeitspanne aber auch nur ein Tag gewesen – die längste 14 Tage. Die Infizierten seien in dieser Zeit bereits ansteckend, auch wenn noch keine Symptome erkennbar seien. Das unterscheide die neue Variante des Coronavirus von dem eng verwandten SARS-Erreger, der die Pandemie 2002/2003 ausgelöst hatte.

Eine Studie im Journal «Lancet» hatte zuvor schon ergeben, dass das Virus auch von Personen weitergegeben werden könne, die noch keine Erkältungssymptome zeigen. Die Forscher bezogen sich auf eine Familie in der chinesischen Stadt Shenzhen. Zwei Mitglieder hatten in Wuhan Kontakt zu einem erkrankten Verwandten im Krankenhaus. Am Ende hatten sechs Familienmitglieder das Virus, darunter eines, das nicht einmal in Wuhan war. Ein infiziertes Kind zeigte keine Symptome.

Ansteckungsgefahr

Angenommen wird, dass das Coronavirus durch Tröpfcheninfektion etwa beim Husten übertragen wird. »Eine Ansteckung über kontaminierte Gegenstände gibt es eher nicht«, sagte Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM). Vermutet wird demnach derzeit, dass das Virus sich vor allem in den unteren Lungenbereichen ansiedelt und weniger ausgeprägt in den oberen Atemwegen. Das würde ein geringeres Ansteckungspotenzial bedeuten, da der es von Lunge zu Lunge weiter ist als etwa von Nase zu Nase.

Das neue Virus überträgt sich einer britischen Studie zufolge relativ rasch von Mensch zu Mensch. Experten des renommierten Imperial College London berechneten, dass ein Infizierter bis zum 18. Januar durchschnittlich 2,6 weitere Personen angesteckt haben könnte. Um den Ausbruch in den Griff zu bekommen, müssten umfangreiche Kontrollmaßnahmen vorgenommen werden. «Derzeit ist unklar, ob der Ausbruch in China eingedämmt werden kann», schreiben die Forscher weiter in ihrer Studie.

Gefährlichkeit

Wie hoch die Sterberate bei dem neuen Erreger sei, lasse sich noch nicht sicher sagen, so Schmidt-Chanasit. »Nach derzeitigen Daten könnte sie ähnlich wie bei der letzten Influenza-Welle in Deutschland liegen.« Allerdings gebe es bei beiden Infektionen eine hohe Zahl sehr milder und daher gar nicht erfasster Erkrankungen, die tatsächliche Sterberate könne daher noch weitaus niedriger liegen.

Das Virus sei bislang stabil und es seien keine Mutationen beobachtet worden, sagte Michael Ryan, Direktor der WHO-Notfallprogramms, in Genf. »Wir sehen keine Veränderungen in der genomischen Sequenz des Virus.« Coronaviren gelten als sehr anpassungsfähig und wandelbar. Veränderungen im Erbgut könnten das neue Virus gefährlicher und ansteckender machen.

Schutz durch Atemmasken

Dass einfache Atemmasken einen guten Schutz vor dem Virus bieten, wird von Experten angezweifelt. Im Zuge der SARS-Epidemie 2002/2003 hätten einige Studien für sogenannte FFP3-Masken einen schützenden Effekt nahelegen wollen, sagte Drosten. »Das waren aber keine normalen Masken, wie man sie in Asien auf der Straße sieht oder bei uns im OP, sondern spezielle Feinpartikelmasken.« Mit solchen Masken könne man im Alltag nicht lange herumlaufen.

»Wogegen die normalen Masken schützen, ist vielleicht der häufige Griff an Mund und Nase – also die Schmierinfektion.« Wissenschaftlichen Daten dazu lägen aber nicht vor. Von der WHO hieß es dazu, die Masken würden nicht als Vorbeugung für Gesunde empfohlen, sondern für Patienten und Leute, die sich möglicherweise angesteckt haben, damit sie das Virus nicht verbreiten.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa