Was tun gegen hormonbedingten Haarausfall? |
Brigitte M. Gensthaler |
30.01.2023 15:00 Uhr |
Die Haardichte nimmt mit dem Alter ab. Durch die Hormonumstellung in den Wechseljahren kann es jedoch auch zum pathologischen Haarausfall kommen. / Foto: Adobe Stock/highwaystarz
Aufgrund des Haarzyklus ist ein Ausfall von bis zu 100 Haaren täglich physiologisch. Gleiches gilt für das postpartale Effluvium etwa drei Monate nach einer Geburt. Wenn jedoch täglich mehr als 100 Haare ausfallen oder sich kahle Stellen bilden (Alopezie), ist dies pathologisch. Eine der häufigsten Formen ist die androgenetische Alopezie. Diese kann durch eine manifeste Hyperandrogenämie oder eine genetisch bedingte Überempfindlichkeit der Haarfollikel gegenüber Androgenen verursacht werden.
Etwa 20 bis 30 Prozent aller Frauen neigen zur androgenetischen Alopezie, schreibt die Gynäkologin Dr. Simona Lucia Baus in der Fachzeitschrift »Aktuelle Dermatologie«. Bei ihnen könne der hormonbedingte Haarausfall auch bei normalen Androgenspiegeln im Blut auftreten.
Leiden jüngere Frauen an einem hormonbedingten Haarausfall, ist die häufigste Ursache ein polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS). Die Patientinnen berichten oft auch über eine verringerte oder ausbleibende Monatsblutung, vermehrten Haarwuchs im Gesicht (Hirsutismus) und Akne. Eine wichtige Differenzialdiagnose ist das adrenogenitale Syndrom. Ebenso kann ein Verlust der Ovarialfunktion vor dem 40. Lebensjahr (prämature Ovarialinsuffizienz) zu Hormonstörungen mit Haarausfall führen.
Die Hormonumstellung in der Perimenopause ist der häufigste Grund für massiven Haarausfall bei Frauen. Durch den physiologischen Abfall der Estrogene kann es je nach genetischer Veranlagung zu einer hypoestrogenen Alopezie kommen. Da jedoch auch die Haarfollikel altern, ist es normal, dass die Haardichte mit zunehmendem Alter abnimmt. Lichte sich das Haar jedoch übermäßig oder bildeten sich kahle Stellen, sei dies in jedem Alter als pathologisch zu bewerten, stellt Baus klar.
Mitunter ist Haarausfall medikamentös bedingt. Manche Frauen berichten darüber im Zusammenhang mit der Antibabypille. Meistens handelt es sich um kombinierte Kontrazeptiva der ersten oder zweiten Generation, die ein Gestagen mit androgener Partialwirkung (Beispiel Norethisteron) enthalten, oder um reine Gestagenpräparate. Eine Umstellung auf ein orales Kontrazeptivum der dritten oder vierten Generation kann helfen.
Zu einer iatrogenen Alopezie kommt es auch bei der endokrinen Therapie mit Antiestrogenen und Aromatasehemmern, zum Beispiel bei Mammakarzinom, oder GnRH-Agonisten, zum Beispiel bei Endometriose. Eine Hormonersatztherapie (HRT) mit Tibolon kann ebenfalls diese Nebenwirkung auslösen, da einer der Metaboliten eine androgene Partialwirkung hat.
Am wirksamsten ist eine endokrine Therapie, die die Wirkung der Androgene unterdrückt und die Estrogendominanz wiederherstellt. Bei jungen Frauen mit PCOS ist ein kombiniertes Kontrazeptivum mit antiandrogener Komponente die Therapie der Wahl; bei Frauen in der Postmenopause kann eine HRT auch dem Haarwuchs helfen.
Der systemische 5α-Reduktase-Hemmer Finasterid ist nur für Männer mit androgenetischer Alopezie zugelassen. Es gebe jedoch Studien und individuelle Heilversuche mit Finasterid bei Frauen, natürlich mit oraler Kontrazeption oder in der Menopause, heißt es in dem Fachartikel.
Unterstützend ist die Einnahme von Spurenelementen wie Zink und Selen möglich. Ein Mangel an Eisen oder Vitamin B12 sollte ausgeglichen werden.
In der Lokaltherapie dominiert 2-prozentige Minoxidil-Lösung, für Frauen gibt es auch einen 5-prozentigen Schaum. Damit könne das Fortschreiten des hormonbedingten Haarausfalls bei den meisten Frauen gebremst werden. Achtung: Zu Beginn der Behandlung können vermehrt alte, nicht mehr aktive Haare ausfallen (Shedding-Effekt). Auch 17α-Estradiol (Alfatradiol) wird zur Lokaltherapie eingesetzt.
Bei allen Therapieformen mahnt die Gynäkologin zur Geduld: Bis sich ein messbarer Erfolg einstellt, könnten mehrere Monate vergehen.