Was sie anlockt oder fernhält |
Laura Rudolph |
19.08.2024 18:00 Uhr |
Bakterien auf der Haut, die Bestandteile von Schweiß und Talg in leicht flüchtige Verbindungen umwandeln, sorgen dafür, dass Menschen attraktiver für Stechmücken werden. / Foto: Getty Images/nechaev-kon
Wer zur nächsten Blutmahlzeit herhalten muss, überlassen stechende Mückenweibchen, die das Blut zur Eierproduktion benötigen, selten dem Zufall. Forschende aus den Niederlanden, USA und dem Vereinigten Königreich haben in einem Artikel im Fachjournal »Trends in Parasitology« zusammengefasst, was Stechmücken besonders anlockt.
Dafür, dass Mücken überhaupt erst in die Nähe eines Wirtes finden, ist CO2 aus der Atemluft verantwortlich. Aus einer Entfernung von bis zu 70 Metern können die Blutsauger bereits kleinste Konzentrationsänderungen wahrnehmen. In geringerer Entfernung sind es dann neben visuellen Reizen (Mücken mögen kräftige Farben) vor allem Körperwärme und Hautausdünstungen, die sie anziehen. Die verschiedenen Reize verstärken sich dabei gegenseitig. Licht lockt Stechmücken – entgegen einem weit verbreiteten Mythos – dagegen nicht an.
Eine Schlüsselfunktion spielt das Hautmikrobiom. Bakterien besiedeln etwa Schweiß- und Talgdrüsen und können deren Sekrete in leicht flüchtige, geruchsintensive Verbindungen umwandeln. Besonders beliebt bei Mücken scheinen etwa L-Laktat und kurzkettige Carbonsäuren zu sein. Das Hautmikrobiom kann sich zwischen verschiedenen Individuen jedoch stark unterscheiden.
Erwachsene haben im Vergleich zu Kindern mehr lipophile Bakterien wie Propioni- und Corynebakterien auf der Haut, die für die Umwandlung von Talglipiden in geruchsaktive Fettsäuren verantwortlich sind. Diese Veränderungen im Hautmikrobiom könnten erklären, warum Kinder unter fünf Jahren in einigen Studien weniger attraktiv auf Stechmücken wirkten als Erwachsene und ältere Kinder. Allerdings waren die Ergebnisse hierzu nicht immer einheitlich.
Auch eine Schwangerschaft kann die Anziehungskraft auf Mücken erhöhen – sogar auf das Doppelte. Das liege vermutlich an der leicht erhöhten Körpertemperatur und den Stoffwechselveränderungen, die zu einer verstärkten Produktion geruchsaktiver Verbindungen führen können, schreiben die Forschenden.
Die Blutgruppe wurde in der Vergangenheit immer wieder als möglicher Faktor für eine unterschiedliche Mückenanziehung diskutiert. Allerdings liefern Studien widersprüchliche Ergebnisse. Es scheint keine eindeutige Präferenz für eine bestimmte Blutgruppe zu geben, die für alle Mückenarten gilt.
Interessanterweise ziehen Menschen, die mit bestimmten Erregern infiziert sind, Mücken offenbar stärker an als nicht Infizierte. Ein Beispiel ist der einzellige Malaria-Erreger Plasmodium falciparum. Dieser setzt die leicht flüchtige Verbindung HMBPP (4-Hydroxy-3-Methylbut-2-enyl-Pyrophosphat) ins Blut frei, die manche Stechmückenarten anlockt. Studien aus Kenia zeigten etwa, dass Kinder mit einer Plasmodium-falciparum-Infektion für Mücken der Art Anopheles gambiae – dies sind die effizientesten Vektoren zur Übertragung der Malaria-Erreger – deutlich attraktiver waren als Kinder, deren Infektion bereits erfolgreich behandelt wurde. Dieser Umstand könnte die Übertragung von Malaria in den entsprechenden Risikogebieten begünstigen.
Umgekehrt können Krankheitserreger aber auch das Verhalten von infizierten Mücken beeinflussen. Einige Studien legen nahe, dass infizierte Mücken häufiger mehrere Menschen stechen und dadurch die Erreger verbreiten. Allerdings ist die Studienlage dazu dünn.
Die einfachsten Methoden, um Stiche zu vermeiden, sind physikalischer Natur: Mückenreiche Plätze wie Gewässer meiden – insbesondere in der Dämmerung –, möglichst lange Kleidung tragen und das Zuhause mit Mückengittern oder -netzen sicher machen.
Eine wirksame chemische Methode, um Mücken fernzuhalten, sind Repellenzien wie Diethyltoluamid (DEET) oder Icaridin. DEET schützt produktspezifisch bis zu sieben Stunden vor Mücken und erwies sich in einer Studie, die den Stoff mit anderen gängigen Repellenzien verglich, als am längsten wirksam (»Molecules« 2022, DOI: 10.3390/molecules27175534). Bei der Verwendung von Repellenzien sind stets die Angaben zu Anwendungs- und Altersbeschränkungen zu beachten.
Auch Maßnahmen, die die Schweißproduktion – und damit die Zersetzung zu geruchsintensiven Produkten – drosseln, könnten Abhilfe schaffen, beispielsweise Antitranspiranzien oder häufigeres Duschen.