Darm und Gehirn sind über die sogenannte Darm-Hirn-Achse eng miteinander verbunden. / © Adobe Stock/Inna
Bauchgrummeln, Durchfall oder auch Übelkeit – manchmal spiegeln diese Symptome keine körperlichen Ursachen wider, sondern psychische. Beispielsweise Stress, zu große emotionale Belastungen oder Depressionen. Verantwortlich für diesen Zusammenhang ist die sogenannte Darm-Hirn-Achse.
Sie beschreibt das komplexe Zusammenspiel zwischen unserem Verdauungssystem und dem Gehirn. Dass es sich dabei nicht um eine Einbahnstraße handelt, ist mittlerweile wissenschaftlich anerkannt. Vielmehr fließen Signale in beide Richtungen – vom Darm zum Gehirn und umgekehrt. Dabei werden unterschiedliche Signalwege genutzt: das Nerven-, das Hormon- und das Immunsystem, dessen Großteil sich im Darm befindet.
Bei der Kommunikation über das Nervensystem spielt der Vagusnerv eine zentrale Rolle. Als Hauptkomponente des Parasympathikus ist er entscheidend für Ruhe, Entspannung und soziale Interaktion. »Um etwa Emotionen im Gesicht unseres Gegenübers zu erkennen, muss der Vagusnerv gut funktionieren«, sagt Psychiaterin und Ernährungsmedizinerin Professor Dr. Sabrina Leal Garcia von der Medizinischen Universität Graz. Sie leitet in Graz die Spezialambulanz für Nutritional Psychosomatics (Spezialambulanz für Psychosomatik, Ernährung und Psyche).
Studien legen nahe, dass bestimmte probiotische Bakterien wie Laktobazillen und Bifidobakterien den Vagusnerv über die Darm-Hirn-Achse positiv stimulieren können. Die meisten Studien, die Effekte auf Stimmung oder autonome Nervenfunktion untersuchen, setzen dabei Einnahmezeiträume von mehreren Wochen bis zu etwa drei Monaten ein.
Im Zentrum dieser Achsen-Kommunikation steht das Mikrobiom, also die Gesamtheit der Mikroorganismen im Darm. Sie produzieren Stoffwechselprodukte wie etwa kurzkettige Fettsäuren. »Diese wandern entweder in ihrer ursprünglichen Form oder umgewandelt zum Hirn und senden dort Signale«, erklärt Dr. Birgit Terjung. Sie ist Chefärztin der Abteilung für Innere Medizin und Gastroenterologie am St. Josef Hospital in Bonn-Beuel.
Die kurzkettigen Fettsäuren haben lokal eine antientzündliche Wirkung, sie können aber auch neurologische Erkrankungen wie Parkinson oder Demenz positiv beeinflussen.
Auch Botenstoffe wie das Hormon Serotonin spielen eine Rolle. Etwa 90 Prozent des körpereigenen Serotonins werden mit Hilfe von Bakterien im Darm produziert. »Dort ist es für die Darmbewegung zuständig«, sagt Leal Garcia. Zu viel Serotonin kann daher zu Durchfall, zu wenig Serotonin zu depressiven Verstimmungen führen. Zwar gelange dieses Serotonin nicht direkt aus dem Darm ins Gehirn, aber es kann über den Vagusnerv indirekt Einfluss auf psychische Prozesse nehmen.