Was man über SUDEP wissen sollte |
Laura Rudolph |
04.12.2024 17:30 Uhr |
SUDEP ist eine tödliche Komplikation einer Epilepsieerkrankung. Ihm lässt sich aber vorbeugen. / © Getty Images/koto_feja
Weltweit ist rund 1 Prozent der Menschen an Epilepsie erkrankt. Bei der Mehrheit lassen sich Anfälle durch Arzneimittel und/oder chirurgische Eingriffe stark reduzieren oder gänzlich vermeiden. Eine Epilepsie birgt jedoch – unabhängig vom Schweregrad – das Risiko für den plötzlichen unerwarteten Epilepsietod (Sudden unexpected Death in Epilepsy, SUDEP). Von dieser tödlichen Komplikation spricht man, wenn ansonsten gesunde Epilepsiepatienten in direkter Folge eines Anfalls an einem Atem- und Herzstillstand sterben und keine weiteren Todesursachen festgestellt werden können. Meist tritt ein SUDEP nachts nach einem Epilepsieanfall aus dem Schlaf heraus auf.
Jedes Jahr stirbt etwa einer von 1000 Epilepsiepatienten an SUDEP, weltweit sind es 50.000, in Deutschland etwa 700 Menschen. Es ist damit die häufigste Todesursache, die direkt auf Epilepsie zurückzuführen ist. Treffen kann es Menschen jeden Alters, wobei Unter-40-Jährige häufiger betroffen sind. Bei einer seit Kindes- und Jugendalter bestehenden Epilepsie beträgt das kumulative Lebenszeitrisiko für SUDEP insgesamt 7 bis 8 Prozent.
SUDEP hat anscheinend eine Überschneidung mit dem plötzlichen Kindstod. Eine US-amerikanische Studie aus dem Januar 2024 zeigte anhand von Videoaufnahmen, dass Kleinkinder kurz vor ihrem Tod Krampfanfälle erlitten. Zudem wurden genetische Ähnlichkeiten und ähnliche Gehirnveränderungen wie bei SUDEP beobachtet (»Neurology« 2024, DOI: 10.1212/WNL.0000000000208038). Die genauen Mechanismen und Überschneidungen sind jedoch noch nicht vollständig verstanden und müssen weiter erforscht werden.
Als Hauptfaktor für SUDEP gelten generalisierte tonisch-klonische Anfälle (GTKA) – eine schwere Anfallsform, bei der es zu elektrischen Entladungen in beiden Gehirnhälften kommt. In der tonischen Phase versteifen sich die Muskeln, in der klonischen Phase zuckt der Körper rhythmisch. Die Betroffenen sind bewusstlos. Zum plötzlichen Epilepsietod kann es in der Erholungsphase nach dem eigentlichen Anfall (postiktale Phase) kommen.
In der MORTEMUS-Studie, bei der SUDEP-Fälle weltweit während Video-EEG-Langzeitableitungen aufgetreten sind, konnte in der Phase nach dem Anfall beobachtet werden, dass die Aktivität des Hirnstamms gehemmt war (»Lancet Neurology« 2013, DOI: 10.1016/S1474-4422(13)70214-X). Diese Hirnregion reguliert grundlegende Körperfunktionen wie Atmung, Blutdruck und Herzfrequenz. Durch die gestörte Hirnstammaktivität kann es zu einer zentralen Atemstörung und einer verringerten Herzfrequenz, und schließlich zu einem kompletten Atem- und Herzstillstand kommen. Die genauen Mechanismen, die sich dabei im Gehirn abspielen, sind allerdings noch nicht im Detail erforscht.
In ganz wenigen Fällen ist der SUDEP auch ohne Anzeichen eines vorausgegangenen epileptischen Anfalls eingetreten. Experten vermuten, dass Herzrhythmusstörungen, die zwischen den Anfällen aufgetreten sind, die Ursache sein könnten. Antiepileptika und die durch chronische Epilepsie veränderten Herzfunktionen können Herzrhythmusstörungen begünstigen.
Bekannte Risikofaktoren neben generalisierten tonisch-klonischen Anfällen sind unter anderem ein frühes Erkrankungsalter, männliches Geschlecht, die Anwendung mehrerer Antiepileptika oder deren unregelmäßige Einnahme sowie häufig wechselnde Wirkstoffe. Auch Mehrfachbehinderungen erhöhen das Risiko und es scheint eine genetische Komponente zu geben.
SUDEP ist kein neues Phänomen, doch noch immer besteht großer Aufklärungsbedarf. Um diesem gerecht zu werden, hat unter anderem das Deutsche Epilepsiezentrum für Kinder- und Jugendliche der Berliner Charité ein Präventionsprogramm gestartet. Es zielt darauf ab, Eltern von Kindern mit Epilepsie über die Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung aufzuklären und darüber, wie sich das SUDEP-Risiko minimieren lässt. Auch die Stop-SUDEP-Initiative erklärt auf ihrer Website www.sudep.de, was ein plötzlicher Epilepsietod ist, welche Warnzeichen es gibt und wie man Erste Hilfe leistet.