Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign

Plötzlicher Epilepsietod
-
Was man über SUDEP wissen sollte

Jedes Jahr sterben in Deutschland 700 Epilepsiepatienten am plötzlichen unerwarteten Epilepsietod (SUDEP). Durch effektive Überwachung und sofortige Hilfemaßnahmen könnten viele dieser Todesfälle vermieden werden. Wie sich SUDEP vorbeugen lässt und was im Ernstfall zu tun ist.
AutorKontaktLaura Rudolph
Datum 04.12.2024  17:30 Uhr

Weltweit ist rund 1 Prozent der Menschen an Epilepsie erkrankt. Bei der Mehrheit lassen sich Anfälle durch Arzneimittel und/oder chirurgische Eingriffe stark reduzieren oder gänzlich vermeiden. Eine Epilepsie birgt jedoch – unabhängig vom Schweregrad – das Risiko für den plötzlichen unerwarteten Epilepsietod (Sudden unexpected Death in Epilepsy, SUDEP). Von dieser tödlichen Komplikation spricht man, wenn ansonsten gesunde Epilepsiepatienten in direkter Folge eines Anfalls an einem Atem- und Herzstillstand sterben und keine weiteren Todesursachen festgestellt werden können. Meist tritt ein SUDEP nachts nach einem Epilepsieanfall aus dem Schlaf heraus auf.

Jedes Jahr stirbt etwa einer von 1000 Epilepsiepatienten an SUDEP, weltweit sind es 50.000, in Deutschland etwa 700 Menschen. Es ist damit die häufigste Todesursache, die direkt auf Epilepsie zurückzuführen ist. Treffen kann es Menschen jeden Alters, wobei Unter-40-Jährige häufiger betroffen sind. Bei einer seit Kindes- und Jugendalter bestehenden Epilepsie beträgt das kumulative Lebenszeitrisiko für SUDEP insgesamt 7 bis 8 Prozent.

SUDEP hat anscheinend eine Überschneidung mit dem plötzlichen Kindstod. Eine US-amerikanische Studie aus dem Januar 2024 zeigte anhand von Videoaufnahmen, dass Kleinkinder kurz vor ihrem Tod Krampfanfälle erlitten. Zudem wurden genetische Ähnlichkeiten und ähnliche Gehirnveränderungen wie bei SUDEP beobachtet (»Neurology« 2024, DOI: 10.1212/WNL.0000000000208038). Die genauen Mechanismen und Überschneidungen sind jedoch noch nicht vollständig verstanden und müssen weiter erforscht werden.

Wie kommt es zum SUDEP?

Als Hauptfaktor für SUDEP gelten generalisierte tonisch-klonische Anfälle (GTKA) – eine schwere Anfallsform, bei der es zu elektrischen Entladungen in beiden Gehirnhälften kommt. In der tonischen Phase versteifen sich die Muskeln, in der klonischen Phase zuckt der Körper rhythmisch. Die Betroffenen sind bewusstlos. Zum plötzlichen Epilepsietod kann es in der Erholungsphase nach dem eigentlichen Anfall (postiktale Phase) kommen. 

In der MORTEMUS-Studie, bei der SUDEP-Fälle weltweit während Video-EEG-Langzeitableitungen aufgetreten sind, konnte in der Phase nach dem Anfall beobachtet werden, dass die Aktivität des Hirnstamms gehemmt war (»Lancet Neurology« 2013, DOI: 10.1016/S1474-4422(13)70214-X). Diese Hirnregion reguliert grundlegende Körperfunktionen wie Atmung, Blutdruck und Herzfrequenz. Durch die gestörte Hirnstammaktivität kann es zu einer zentralen Atemstörung und einer verringerten Herzfrequenz, und schließlich zu einem kompletten Atem- und Herzstillstand kommen. Die genauen Mechanismen, die sich dabei im Gehirn abspielen, sind allerdings noch nicht im Detail erforscht.

In ganz wenigen Fällen ist der SUDEP auch ohne Anzeichen eines vorausgegangenen epileptischen Anfalls eingetreten. Experten vermuten, dass Herzrhythmusstörungen, die zwischen den Anfällen aufgetreten sind, die Ursache sein könnten. Antiepileptika und die durch chronische Epilepsie veränderten Herzfunktionen können Herzrhythmusstörungen begünstigen.

Bekannte Risikofaktoren neben generalisierten tonisch-klonischen Anfällen sind unter anderem ein frühes Erkrankungsalter, männliches Geschlecht, die Anwendung mehrerer Antiepileptika oder deren unregelmäßige Einnahme sowie häufig wechselnde Wirkstoffe. Auch Mehrfachbehinderungen erhöhen das Risiko und es scheint eine genetische Komponente zu geben.

So lässt sich vorbeugen

Um einem SUDEP vorzubeugen, ist es das oberste Ziel, Epilepsieanfälle gänzlich zu vermeiden. Eine vollständige Anfallsfreiheit erreichen mit der passenden Behandlung etwa zwei Drittel der Patienten. Bei einem Drittel lässt sich die Epilepsie jedoch nicht ausreichend kontrollieren. 

Insbesondere bei unkontrollierten Epilepsien ist es essenziell, die Betroffenen gut zu überwachen, vor allem nachts. Hierfür können moderne Anfall-Erkennungssysteme zum Einsatz kommen, wie Wearables, die tonisch-klonische Anfälle automatisiert erkennen und Hilfspersonen alarmieren. Weitere Möglichkeiten sind etwa Bewegungssensoren am Bett oder Kameras. Auch gibt es Geräte, die etwa die Sauerstoffsättigung und den Puls kontrollieren. Eine Auswahl an Erkennungssystemen hat die Stop-SUDEP-Initiative auf ihrer Website zusammengestellt.

Auch die Schlafposition spielt eine Rolle beim SUDEP-Risiko: Drei von vier Verstorbenen in der MORTEMUS-Studie hatten in Bauchlage geschlafen. Dies behindert die Atmung, weshalb Epilepsiepatienten eine andere Position wählen sollten. Es gibt auch sogenannte Anti-Epilepsie-Kissen, die die Sicherheit erhöhen können. Das Schlafzimmer mit einer zweiten Person zu teilen (Co-Sleeping), reduziert das SUDEP-Risiko ebenfalls deutlich.

Schätzungen zufolge könnten etwa zwei Drittel der SUDEP-Fälle bei alleinlebenden Epilepsiepatienten verhindert werden, wenn ihre Anfälle vollständig kontrolliert wären oder eine nächtliche Überwachung vorhanden wäre (»Neurology« 2020, DOI: 10.1212/WNL.0000000000008741).

Die ersten drei Minuten sind entscheidend

Wie können Hilfspersonen nach einem Anfall konkret helfen? Sie sollten für mindestens 45 bis 60 Minuten Atmung und Puls des Betroffenen kontrollieren, erklärt die Stop-SUDEP-Initiative. Atmet der Patient nicht mehr, sollte man versuchen, ihn durch Berührung und Ansprechen zu wecken. Bleibt der Atemstillstand bestehen oder ist man unsicher, sollte man sofort den Notarzt rufen und mit der Herzdruckmassage anfangen.

Die MORTEMUS-Studie hat gezeigt: Wurde innerhalb der ersten drei Minuten nach Eintreten des Kreislaufzusammenbruchs eine Reanimation eingeleitet, überlebten die Patienten. Das Bewusstsein für SUDEP weiter zu stärken, Präventionsmaßnahmen zu ergreifen und im Ernstfall schnell zu handeln, sind daher entscheidende Faktoren, um Leben zu retten.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa