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10 Jahre EHEC-Epidemie

Was ist eigentlich aus EHEC geworden?

Tausende Infizierte, Hunderte Schwerkranke, viele Tote: Mit einem EHEC-Erreger verunreinigte Sprossen lösten vor zehn Jahren die weltweit bisher schlimmste erfasste Infektionswelle mit diesem Darmkeim aus. Ein ähnliches Szenario könnte sich wiederholen, mahnen Experten.
dpa
07.05.2021  08:00 Uhr

Anfang Mai 2011 erkranken die ersten Menschen in Deutschland. Noch weiß niemand, dass hier der weltweit schlimmste erfasste Ausbruch mit dem Darmkeim EHEC seinen Lauf nimmt. EHEC steht für enterohämorrhagische Escherichia coli-Bakterien. Bis zum 22. Mai steigt die Zahl der Infizierten rasant, Erkrankte leiden an blutigen Durchfällen und akutem Nierenversagen, es gibt Tote.

Die «EHEC-Krise», verursacht von einem zunächst unbekannten verunreinigten Lebensmittel, sorgt für große Verunsicherung. Fieberhaft suchen Forscher und Lebensmittelbehörden nach der Quelle des Erregers. «Uns war schon früh klar, dass dies eine andere Größenkategorie ist als das, was wir bisher an EHEC-Ausbrüchen kannten», erinnert sich Christina Frank, Infektionsepidemiologin am Robert-Koch-Institut (RKI). Sie und ihre Kollegen wurden am 19. Mai eingeschaltet, als in Hamburg eine Häufung registrierter Fälle sichtbar wurde. Im Nachhinein gehen die Forscher davon aus, dass der erste Betroffene wohl am 8. Mai erkrankte.

EHEC-Keime finden immer mal wieder ihren Weg in den menschlichen Körper – meist über verunreinigte Lebensmittel. Zuletzt wurden jährlich etwa zwischen 1000 und 2000 Infektionen gemeldet. Die schwere Komplikation hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS), das mit akutem Nierenversagen und einem gestörten Blutbild einhergehen kann, ist mit im Schnitt 75 Fällen pro Jahr eine eher seltene Erkrankung.

Detektivarbeit am Krankenbett

Nicht so im Frühsommer 2011: Das HUS als schwerste Form trifft in nur zwei Monaten 855 Menschen in Deutschland. Fast 4000 Infizierte zählt das RKI, vor allem in Norddeutschland. 53 Menschen sterben. Mit ihren Kollegen befragt Frank noch am Krankenbett viele Erkrankte, was sie gegessen haben. Später werten Wissenschaftler auch Angaben von einem Koch aus, in dessen Restaurants es Ansteckungen gegeben hatte.

Gesucht werden Gemeinsamkeiten auf dem Speiseplan, um Rückschlüsse auf die mögliche Infektionsquelle zu ziehen. Anfangs geraten Salatzutaten wie Tomaten, Gurken und Blattsalat in Verdacht. Später wird klar, dass sich der Keim auf Sprossen vermehrt hatte – manche hatten sie als Salatgarnitur verzehrt, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Inzwischen gilt es als gesichert, dass der Erreger über eine Charge Bockshornkleesamen aus Ägypten nach Deutschland gelangte. Ein Gartenbaubetrieb in Niedersachsen hatte daraus Sprossen hergestellt und vertrieben.

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