Warum vor allem Ältere an Covid-19 sterben |
Ein weiteres Problem der Immunantwort von älteren Menschen bestehe darin, dass die Kommunikation zwischen antigenpräsentierenden Zellen und T-Zellen nicht mehr so gut funktioniere, so Nikolich-Žugich weiter. Die Zahl der Zellen, die die T-Lymphozyten auf ein bestimmtes Antigen ansetzten, sinke mit den Jahren. Außerdem gäben diese Zellen anstelle einer klaren Instruktion für die T-Zellen »das biologische Äquivalent eines Gemurmels« von sich. In der Folge reagierten die T-Zellen zu schwach und zu spät.
Die T-Lymphozyten reagieren bei Älteren zu spät und zu schwach auf Pathogene. / Foto: iStock/cgtoolbox
Auch B-Zellen sind altersabhängigen Veränderungen unterworfen. B-Lymphozyten von älteren Menschen produzieren weniger Antikörper gegen zuvor unbekannte Erreger als die von jungen Menschen. Das liegt, wie der Immunbiologe in seinem Übersichtsartikel ausführt, an einem Mangel an dem Transkriptionsfaktor E47. Dieser ermöglicht in der aktivierten B-Zelle die als Hypermutation bezeichnete Neuordnung des Genoms, eine Voraussetzung für die Produktion von zuvor unbekannten Antikörpern.
Auch beim Übergang von der ersten zur zweiten Verteidigungslinie des Körpers holpert es infolge der Immunseneszenz. Natürliche Killerzellen und andere Bestandteile der unspezifischen Immunabwehr bleiben länger aktiv. Dadurch werden vermehrt proinflammatorische Zytokine freigesetzt – was bei SARS-CoV-2-Infizierten zu einer akuten Verschlechterung des Zustands und sogar zum Tod führen kann.
Für die altersabhängige Überproduktion von Entzündungs-Botenstoffen durch das unspezifische Immunsystem gibt es den englischen Begriff »Inflammaging«. Er wird auch oft herangezogen, wenn es um die Zunahme von nicht übertragbaren Erkrankungen wie Krebs oder Atherosklerose mit steigendem Lebensalter geht. Nikolich-Žugich weist jedoch darauf hin, dass das Inflammaging weder quantitativ noch qualitativ genau definiert ist. Welche Zytokine wie stark steigen müssten, um das Risiko für bestimmte Erkrankungen zu erhöhen, sei noch ungeklärt.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.