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Postpartale psychische Erkrankungen

Von Angst und Zwang bis zur Psychose

Nicht selten entwickeln Frauen nach der Entbindung psychische Erkrankungen. Neben der postpartalen Depression, die auch mit Angst- und Zwangsstörungen einhergehen kann, kommen auch eigenständige Angsterkrankungen und Psychosen vor. Gelegentlich erleben Frauen die Geburt selbst als so traumatisierend, dass sie eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln.
AutorKontaktMartina Hahn und Sibylle C. Roll
Datum 23.08.2020  08:00 Uhr

Generell sind psychische Erkrankungen, die nach der Geburt auftreten, zu unterscheiden von solchen, die bereits vor der Schwangerschaft bestanden haben. Die häufigste psychische Erkrankung bei Frauen nach der Entbindung ist die postpartale Depression (post partum: nach der Trennung von dem Kind). Etwa 10 bis 15 Prozent der Mütter erkranken daran – manche so schwer, dass sie an Suizid denken (siehe Titelbeitrag in PZ 30/2020). Bei einer postpartalen Depression können auch Ängste auftreten. Stehen immer wiederkehrende schwere Angst- und/oder Panikgefühle im Vordergrund, so handelt es sich um ein eigenes Krankheitsbild: die postpartale Angsterkrankung. Man vermutet einen Zusammenhang mit dem starken Progesteron-Abfall bei der Entbindung. Progesterone haben eine Barbiturat-artige Wirkung und wirken anxiolytisch (19).

Postpartale Angsterkrankung

Bei einigen Frauen mit Angsterkrankungen vor der Schwangerschaft verbessern sich die Ängste trotz Absetzen der Medikation bei oder kurz nach der Konzeption meist bis zur Geburt (19). Es gibt jedoch auch Frauen, die eine deutliche Verschlechterung erleben, wie in der einzigen verfügbaren prospektiven Studie 1996 gezeigt wurde (20).

Die Ängste können, müssen aber nicht mit den typischen Symptomen einer postpartalen Depression einhergehen und kommen eher generalisiert und vage oder auch ganz konkret vor. Bei den konkreten Ängsten stehen meist das Baby und sein Wohlergehen im Zentrum. Die Mütter fürchten dann beispielsweise, das Kind könnte durch falsche Behandlung Schaden nehmen oder sogar sterben.

Postpartale Angsterkrankungen sollten bei schweren Verläufen – ebenso wie eine Depression – sowohl psychotherapeutisch als auch medikamentös behandelt werden. Eine Pharmakotherapie muss nicht zwingend zum Abstillen des Babys führen. So ist beispielsweise bei der Einnahme von selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI) in Monotherapie und einer engmaschigen Kontrolle durch einen erfahrenen Arzt ein Weiterstillen durchaus möglich.

Zur Behandlung der Angsterkrankung sind neben SSRI wie Citalopram, Escitalopram und Sertralin nur wenige Wirkstoffe zugelassen: Benzodiazepine, Venlafaxin, Clomipramin und Pregabalin. Sertralin ist aufgrund der geringen Konzentration in der Muttermilch das Mittel der Wahl.

Die Gabe von Oxytocin verstärkt die Angstsymptomatik postpartum sogar; es sollte daher nicht eingesetzt werden (14). Pregabalin und Benzodiazepine können zu starker Sedierung des Kindes führen und sollten daher äußerst zurückhaltend verwendet werden. Bei einigen Benzodiazepinen wurden zudem Apnoen beim gestillten Kind beobachtet.

Bei der Auswahl der Medikation ist wichtig abzuschätzen, welcher Arzneistoffmenge das Kind ausgesetzt wird. Dies hängt von vielen Faktoren ab: Zusammensetzung der Muttermilch, Stillintervall und Trinkmenge sowie auf Seiten des Säuglings die Resorption des Arzneistoffs im Darm und dessen Verteilung im Körper sowie Reife des Verdauungsapparats, des Metabolismus und der Nieren (Elimination).

Instrumente zur Risikoabschätzung sind die Anreicherung in der Milch (Milch-zu-Plasma-Ratio, M/P-Quotient) und die Exposition des Kindes (relative Dosis). Dabei gilt:

  • M/P unter 1: keine Anreicherung in der Muttermilch;
  • M/P größer/gleich 1: es kommt zur Anreicherung.

Für die relative Dosis gilt: Unter 3 Prozent einer therapeutischen mütterlichen Dosis ist das Risiko für toxische Wirkungen beim Kind in der Regel gering. Tabelle 1 zeigt diese Werte für Benzodiazepine und Pregabalin (mehr zur Abschätzung der kindlichen Exposition lesen Sie im Beitrag Postpartale Depression: Den Seelenschmerz zügig behandeln). Aktuelle Informationen und Einschätzungen zu Medikamenten in der Stillzeit finden Apotheker und Ärzte auf www.embryotox.de.

Wirkstoff (alphabetisch) Halbwertszeit (in Stunden) Relative Dosis (in Prozent) M/P-Quotient
Alprazolam 6 bis 27 8,5 0,36
Bromazepam 15 bis 28 ? ?
Clonazepam 30 bis 40 2,8 0,33
Diazepam 24 bis 48, aktiver Metabolit bis 100 beim Neugeborenen:
30 bis 54, aktiver Metabolit unbekannt,
aber Akkumulationsgefahr
1 bis 9 0,1 bis 0,3
Lorazepam oral 2, parenteral 14 bis 19, beim Neugeborenen bis zu 76 2,6 bis 2,9 0,15 bis 0,26
Midazolam 1,5 bis 2,5 0,7 0,09 bis 0,15
Pregabalin 6,3, beim Neugeborenen vermutlich deutlich länger 7 0,76
Tabelle 1: Parameter zur Abschätzung der kindlichen Exposition bei Benzodiazepin- oder Pregabalin-Einnahme der stillenden Mutter (Embryotox, Stand 20. März 2020)
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