Viele Unklarheiten bei Corona-Schnelltests aus der Apotheke |
In Apotheken gibt es inzwischen mehrere Coronavirus-Schnelltests. Für die Pharmazeuten gibt es allerdings noch viele Unklarheiten. / Foto: privat
In der Kalenderwoche 41 führten rund 180 Labore in Deutschland PCR-Tests auf das Coronavirus durch – insgesamt wurden rund 1,17 Millionen Proben analysiert. Mehrere Labore hatten sich in den vergangenen Wochen allerdings über eine zu hohe Auslastung durch die PCR-Tests beschwert. Mit Blick auf die zunehmende Belastung der Testlabore könnten Antigen-Schnelltests zum Nachweis des Coronavirus schon bald ein Thema werden. Die Tests liefern ein Ergebnis innerhalb von 15 bis 30 Minuten und sind somit schneller als ein PCR-Test.
Inzwischen sind mehrere Antigentests in den Warenwirtschaftssystemen der Apotheken gelistet. Gegenüber der PZ berichteten mehrere Apotheker, dass über den Großhandel derzeit Tests liefer- und bestellbar seien. Beispielsweise gibt es den »SARS-CoV-2 Rapid Antigen Test« der Firma Roche, der in einer gebündelten Packung mit 25 Einzeltests kommt und für den ein Verkaufspreis von etwa 211 Euro empfohlen wird (Einkaufspreis bei rund 170 Euro). Der Roche-Test soll Herstellerangaben zufolge ein Testergebnis nach 15 Minuten anzeigen und hat eine Sensitivität von 96,52 Prozent und eine Spezifität von 99,68 Prozent.
Des Weiteren bietet auch der Hersteller von In-vitro-Diagnostika Nal von Minden derzeit einen Antigen-Test an. In der Packung des Herstellers sind 20 Einzeltests enthalten, der Einkaufspreis lag in der vergangenen Woche hier bei knapp 200 Euro. Nal von Minden zufolge hat der Test eine diagnostische Sensitivität von 97,56 Prozent und eine diagnostische Spezifität von 99,9 Prozent.
Für die Apotheker bleiben die Schnelltests ein heikles Thema. Insbesondere die Frage, ob die Pharmazeuten die Tests auch direkt an Patienten abgeben dürfen, könnte noch spannend werden. Zur Erinnerung: Meldungspflichtige Infektionen, wie das Coronavirus, dürfen bis auf wenige Ausnahmen laut dem Infektionsschutzgesetz nur von Ärzten festgestellt werden. In der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) ist zudem festgehalten, dass Selbsttests nur in einem Ausnahmefall (HIV-Tests) an Laien abgegeben werden dürfen. Aktuell gilt also noch, dass Apotheken Coronavirus-Schnelltests derzeit nicht an medizinische Laien abgeben dürfen.
Die Bundesregierung hat nun aber einen Gesetzentwurf zu einem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz vorgelegt, mit dem man erneut auf die weitere Ausbreitung des Coronavirus reagieren will. Mit dem Entwurf, der der PZ vorliegt, soll der im Infektionsschutzgesetz vorgesehene Arztvorbehalt bei Schnelltests auf das Coronavirus entfallen. Allerdings: Das in der MPAV festgehaltenen Abgabeverbot an Laien soll mit dem neuen Entwurf nicht angefasst werden. Insofern droht hier eine Rechtsunsicherheit für Apotheker. Zu erwarten ist, dass die ABDA sich dazu in einer Stellungnahme äußern wird.
Doch selbst wenn die Tests in der Apotheke an den Endverbraucher abgegeben werden dürften, stehen die Apotheker vor einigen praktischen Problemen. Denn zumindest die Schnelltests von Roche und Nal von Minden eignen sich nicht nur Einzelabgabe: Sie kommen in größeren, gebündelten Packungen mit 25 beziehungsweise 20 Einzeltests. Eine Auseinzelung wäre hier nicht möglich und ist auch preislich nicht vorgesehen.
Hinzu kommt, dass in der Packung von Nal von Minden für 20 Tests nur zwei kleine Pufferlösungen enthalten sind, die zur Anwendung der Tests benötigt werden. Somit ist klar: Die Verbund-Packungen sind ausschließlich für den Verkauf an Arztpraxen und die dortige Anwendung vorgesehen.
Und auch was den Preis der Tests betrifft, ergeben sich derzeit noch viele Fragen. Denn erst in dieser Woche veröffentlichte das Bundesgesundheitsministerium eine neue Nationale Teststrategie für das Coronavirus (siehe Grafik).
Nach diesem Schema soll ab sofort getestet werden. / Foto: BMG
Auch die Antigentests spielen darin eine wichtige Rolle. Zwar ist auch in der Teststrategie keine Rede davon, dass die Apotheker die Tests direkt an Patienten abgeben sollen. Allerdings ist vorgesehen, dass die Antigentests häufiger in Pflegeheimen und Krankenhäusern zur Anwendung kommen. Insbesondere wenn in einer Einrichtung kein bekannter Covid-19-Fall vorliegt, sollen die Heime und Kliniken statt PCR-Tests zunächst Antigentests vornehmen. Im Falle eines positiven Testergebnisses soll dann ein PCR-Test zur Bestätigung durchgeführt werden. Ziel dieser Strategie ist es, PCR-Kapazitäten in den Laboren freizugeben.
Aber zurück zum Preis: In der neuen Teststrategie ist vorgesehen, dass die Leistungserbringer eine Erstattung der Sachkosten für die selbst beschafften Antigentests erhalten. Vorgesehen ist hier ein Betrag von höchstens sieben Euro pro Test. Bezieht man diesen Erstattungspreis auf die Verkaufspreise der Apotheker, ergeben sich erhebliche Differenzen.
Bezogen auf den Preis für die gesamte Verbund-Packung ergibt sich beim Roche-Test beispielsweise ein Einzelpreis von etwa 8,40 Euro. Immerhin: Eine Sprecherin von Nal von Minden erklärte gegenüber der PZ, dass der Einzelpreis pro Test die Erstattungssumme inzwischen nicht mehr übersteigt.
In der Nationalen Teststrategie ist vorgesehen, dass die Ärzte, Kliniken und Heime die Sachkosten und mit den Tests verbundenen Leistungen mit den jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen abrechnen.
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Hinweis der Redaktion: Wir haben den Text mit neuen Informationen zum Einkaufs- und Erstattungspreis des Tests der Firma Nal von inden ergänzt.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.